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Kategorie: Anwalt Arztrecht , 22.09.2023 (Lesedauer ca. 9 Minuten, 3126 mal gelesen)

Impfen und Impfpflicht – Was müssen Sie dazu wissen?

Impfung bei einem kleinen Mädchen mit einer Spritze Impfung bei einem kleinen Mädchen mit einer Spritze © freepik - mko

Das Thema „Impfen und Impfpflicht“ hat im Rahmen der Corona-Pandemie für viele Menschen an Bedeutung gewonnen. Für wen besteht eine Impfpflicht? Welche Impfungen werden empfohlen? Was muss man zur COVID19-Impfung wissen? Und wer entscheidet beim Streit getrenntlebender Eltern über eine Impfung des Kindes?

Für wen besteht eine Impfpflicht?


In Deutschland bestand von 1969 bis Ende 1975 auf Grundlage des Reichsimpfgesetzes eine zunächst allgemeine Impflicht gegen Pocken. Diese wurde bis in die 80er Jahre auf Kinder zwischen einem und zwölf Jahren begrenzt.
Seit 2001 eröffnet in Deutschland das Infektionsschutzgesetz die Möglichkeit eine Impfpflicht über eine Rechtsverordnung einzuführen. Seitdem gab und gibt es immer wieder Diskussionen um die Einführung einer Impfpflicht.

Seit dem Jahr 2015 regelt das Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention, dass sich Eltern bei Routineuntersuchungen ihrer Kinder hinsichtlich anstehender Schutzimpfungen vom Arzt beraten lassen können. Verpflichtend ist die Impfberatung dann sobald das Kind in eine Kindertageseinrichtung kommt.

Um Infektionskrankheiten bei Menschen besser verhüten und bekämpfen zu können, trat im Juli 2017 das Gesetz zur Modernisierung der epidemiologischen Überwachung übertragbarer Krankheiten in Kraft.

Masern-Impflicht für Kindergartenkinder und Mitarbeiter in Kitas und Schulen


Im März 2020 trat das Gesetz zum Schutz vor Masern und zur Stärkung der Impfprävention in Deutschland in Kraft und führte eine Masern-Impfpflicht für Kinder und Mitarbeiter von Kitas, Schulen und Gemeinschaftseinrichtungen sowie Flüchtlingen und Asylanten ein. Kinder ohne Maser-Impfungen können vom Besuch der Kita oder Schule ausgeschlossen werden. Den Eltern droht ein Bußgeld bis zu 2.500 Euro. Beschäftige in den genannten Einrichtungen müssen ihre Masern-Impfung nachweisen.

Lesen Sie dazu mehr in unserem Beitrag „Masernimpfpflicht – seit 1.3.20 in Teilen in Kraft getreten“

Berufsbezogene Impflichten für Soldaten


Des Weiteren gibt es in Deutschland berufsbezogene Impfpflichten. So ist etwa im Soldatengesetz eine Impflicht für Soldaten zur Erhaltung der Gesundheit vorgeschrieben. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) (Az. 2 WNB 8.20) hat sich wie folgt zur Impfpflicht von Soldaten geäußert: Das Nachkommen dieser Impfpflicht sei für einen Soldaten nur dann nicht zumutbar, wenn durch die Impfung seine Gesundheit oder sein Leben in Gefahr geraten. Soldaten sind auch verpflichtet sich gegen Corona impfen zu lassen, dies entschied letztinstanzlich das BVerwG (Az. 1 WB 2.22, 1 WB 5.22). Eine entsprechende Anordnung hatte das Bundesverteidigungsministerium im November 2021 erlassen. Zu Recht, so die Bundesrichter, wenn keine gesundheitlichen Gründe dagegen sprechen. Es wies allerdings daraufhin, dass das Bundesverteidigungsministerium vor einer neuen Anordnung neue medizinische Erkenntnisse zur Impfung prüfen und abwägen soll.

Berufsbezogene Impflichten für Beschäftigte im Gesundheitswesen


Für Beschäftigte im Gesundheitswesen besteht seit dem 16. März 2022 eine Corona-Impfpflicht. Der können Arbeitnehmer nur entgehen, wenn aus medizinischen Gründen bei ihnen eine Impfunfähigkeit besteht. Vorsicht: Wer dem Chef eine aus dem Internet ausgedruckte ärztliche "Bescheinigung über die vorläufige Impfunfähigkeit" vorlegt ohne das ein Arzt eine Untersuchung durchgeführt hat, muss mit der fristlosen Kündigung seines Arbeitsvertrags rechnen, entschied das Arbeitsgericht (ArbG) Lübeck (Az. 5 Ca 189/22).

Wichtig zu wissen: Nach einer Entscheidung des Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) (Az. 14 ME 258/22) bietet das derzeitige Infektionsschutzgesetz keine rechtliche Grundlage um eine Impfpflicht zwangsweise durchzusetzen. Das Gesundheitsamt hat lediglich die Möglichkeit ein Betretens- oder Tätigkeitsverbot gegenüber dem Beschäftigten auszusprechen.
Empfiehlt der Arbeitgeber einer bestimmten Berufsgruppen, wie etwa Ärzten oder Krankenhauspersonal, lediglich besondere Schutzimpfungen durchführen zu lassen, haftet er bei einem späteren Impfschaden nicht, wenn ihm keine Pflichtverletzung vorzuwerfen ist. Der Arbeitgeber ist auch nicht verpflichtet den Arbeitnehmer über mögliche Impfschäden aufzuklären, entschied das BAG (Az. 8 AZR 853/16).

Weitere interessante Informationen zum Thema Impfschäden finden Sie in unserem Rechtstipp „Impfschaden – Wer haftet für die Folgen einer Impfung?“.

Welche Impfungen werden empfohlen?


Die Ständige Impfkommission (STIKO) ist ein vom Bundesgesundheitsministerium berufenes unabhängiges Expertengremium. Es empfiehlt, welche Impfungen zum Schutz der Gesundheit des Einzelnen und der Allgemeinheit sinnvoll sind. Auf die von der STIKO empfohlenen Schutzimpfungen haben gesetzlich Krankenversicherte einen Anspruch.

Folgende Impfungen werden von der STIKO empfohlen:

Säuglinge, Kinder und Jugendliche



Rotaviren
Hepatitis B
Diphtherie
Tetanus (Wundstarrkrampf)
Poliomyelitis (Polio, Kinderlähmung)
Haemophilus influenzae Typ b (Hib)
Pertussis (Keuchhusten)
Masern
Mumps (Ziegenpeter)
Röteln
Varizellen (Windpocken)
Pneumokokken (Bakterien, die Gehirnhaut- und Lungenentzündungen auslösen können)
Meningokokken C (Bakterien, die Gehirnhautentzündungen auslösen können)

Mädchen und Jungen zwischen 9 und 14 Jahren



humane Papillomviren (HPV, Auslöser von HPV-bedingten Krebsarten)

Erwachsene



Poliomyelitis (Polio, Kinderlähmung), Regelimpfung bei nicht grundimmunisierten Erwachsenen und Personen ohne einmalige Auffrischimpfung)
Masernimpfung für alle Erwachsenen, die nach 1970 geboren sind und nicht bzw. in der Kindheit nur einmal gegen Masern geimpft wurden.
Auffrischungsimpfungen (alle zehn Jahre empfohlen) gegen
Diphtherie
Tetanus (Wundstarrkrampf)
Pertussis (Keuchhusten)

Erwachsene ab 60 Jahre



Influenza (Grippe)
Pneumokokken (Bakterien, die Lungenentzündungen auslösen können)
Herpes zoster (Gürtelrose)

Personen bestimmter Alters- oder Risikogruppen und deren Angehörige



Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME)
Haemophilus influenza Typ b (Hib)
Hepatitis A und B
Herpes zoster (Gürtelrose)
Influenza (Grippe)
Meningokokken
Pneumokokken (Bakterien, die Lungenentzündungen auslösen können)
Röteln
Tollwut
Varizellen (Windpocken)

Die Impfung gegen COVID-19 empfiehlt die Ständige Impfkommission für alle Personen ab 12 Jahren.Für 5 bis 11jährige Kinder hat die STIKO vorerst lediglich eine Indikationsimpfempfehlung und keine allgemeine COVID-19-Impfempfehlung ausgesprochen.

Was muss man zur COVID19-Impfung wissen?



Gibt es einen Anspruch auf einen bestimmten Impfstoff?


BioNtech, Moderna oder Astrazeneca: Nach zwei Entscheidung des Verwaltungsgerichts Frankfurt/Main (Az. 5 L 713/21.F, 5 L 733/21.F) im Eilverfahren haben Impfwillige keinen Anspruch auf eine Corona-Impfung mit einem gewünschten Impfstoff. Ein solcher Anspruch könne nicht aus der CoronaImpfV vom 10.03.2021 begründet werden, da in der Verordnung nur die Reihenfolge der Impfberechtigten festgelegt wird. Zu den Impfstoffen oder dem Impfverfahren sage die Verordnung nichts.

Auch das Verwaltungsgericht Aachen (Az. 7 L 243/21) hat den Eilantrag eines 60jährigen Mannes abgelehnt, der nur mit dem Impfstoff BioNTech geimpft werden wollte. Das Gericht stellt klar, dass Impfwillige keine freie Wahl beim Impfstoff haben. Ein solches Wahlrecht ergebe sich weder aus der Corona-Impfverordnung noch aus den Grundrechten. Der Staat schütze das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, in dem in Deutschland nur Impfungen mit einem aktuell durch die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) zugelassenen Impfstoff erfolgt.

Was gilt für COVI19-Geimpfte und Corona-Genesene?


Je nach Hospitalisierungsrate (Zahl der Corona-Patienten in Kliniken) des Bundeslandes gibt es unterschiedliche Zugangsbeschränkungen zum öffentlichen Leben. Bei einer Hospitalisierungsrate von 3 gilt die 2G-Regel: Nur Geimpfte und Genesene können am öffentlichen Leben, wie Sportveranstaltungen oder Gastronomie, teilnehmen. Bei einer Hospitalisierungsrate von über 6 gilt die 2Gplus-Regel: Nur Geimpfte und Genesene mit einem negativen Corona-Test oder einer Booster-Impfung haben Zutritt zu öffentlichen Veranstaltungen, etc.. Masken-, Hygiene- und Abstandsregeln gelten weiterhin.

Das Verwaltungsgericht Frankfurt/Main (Az. 5 L 1071/21.F) hat entschieden, dass für vollständig geimpfte Reiserückkehr aus einem Risikogebiet keine Quarantänepflicht besteht. Die bestehe allenfalls bei der Einreise aus einem Hochinzidenz- oder Virusvarianten-Gebiet.

Wie kann der Nachweis des vollständigen Corona-Impfschutzes erbracht werden?


Den Nachweis der Impfung kann durch Vorlage des gelben Impfheftes oder durch das Zertifikat auf der digitalen Cov-Pass-App oder Corona-App erbracht werden. Angegeben sein muss der Impfstoff, die Anzahl der Impfungen oder Boosterimpfungen und die Zeit, die abgewartet werden muss, bis der vollständige Impfschutz eintritt. Das Impfzertifikat hat eine Geltungsdauer von 9 Monaten.
Kein Anspruch auf Ausstellung einer Bescheinigung als „vollständig geimpft“ haben Geimpfte, die nur einmal mit dem Impfstoff von Johnson & Johnson geimpfte wurden, entschied das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht (Az. 1 B 6/22), weil sie nicht die Voraussetzungen von § 2 Nr. 3 COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung (SchAusnahmV) erfüllen.

Das sieht das Verwaltungsgericht Berlin (Az.14 L 15/22) anders: Vollständigen Impfschutz haben auch nur einfach Geimpfte mit dem Impfstoff von Johnson & Johnson. Das Gericht geht mit hoher Wahrscheinlichkeit davon aus, dass die Vorschrift, auf der der Ausschluss von nur einfach mit dem Johnson & Johnson-Impfstoff geimpften Personen vom vollständigen Impfschutzstatus durch das Paul-Ehrlich- im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweisen wird.

Der Verwaltungsgerichtshof Kassel (Az. 8 B 1885/21) hat entschieden, dass eine mit dem Impfstoff „Sputnik V“ zweifach geimpfte Person keinen Anspruch auf Ausstellung eines inländischen Nachweises hinsichtlich des Vorliegens einer vollständigen Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 hat, weil der russische Impfstoff „Sputnik V“ in der Bundesrepublik Deutschland nicht zugelassen ist.

Wer gilt als Corona-genesen?


Als genesen gelten Ungeimpfte, wenn die nachweisliche COVID-19-Infektion mindestens 28 Tage zurückliegt. Genesene benötigen eine entsprechende ärztliche Bescheinigung. Der Genesenenstatus galt bis zum Erlass der Covid-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung (SchAusnahmV) auf den Internetseite des Robert-Koch-Instituts (RKI) für sechs Monate. Das RKI verkürzt mit der neuen Regelung den Genesenenstatus auf 90 Tage. Sowohl das Verwaltungsgericht Osnabrück (Aktenzeichen 3 B 4/22) wie auch das Verwaltungsgericht Berlin (Az. VG 14 L 24/22) halten diese Verkürzung des Genesenenstatus für rechtswidrig. Beide Gerichte gehen davon aus, dass sich die entsprechenden Regelungen als verfassungswidrig herausstellen.

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Düsseldorf (Az. 29 L 253/22) hat ein Corona-Genesener grundsätzlich keinen Anspruch gegenüber einer Behörde auf Ausstellung eines gesonderten Genesenennachweises – für welchen Zeitraum auch immer. Dies gelte auch dann, wenn ein positives PCR-Testergebnis die Corona-Erkrankung bestätige.

Das Verwaltungsgericht Gießen (Az. 10 L 271/22.GI) hat den Lahn-Dill-Kreis verpflichtet, einer nach einer Corona-Infektion Genesenen eine Bescheinigung über ihren Genesenenstatus mit einer Gültigkeitsdauer von sechs Monaten auszustellen.

Ist die Vorlage eines gefälschten Impfausweises strafbar?


Wer mit einem gefälschten Impfausweis versucht in der Apotheke ein digitales Impfzertifikat zu erlangen, macht sich nach altem Recht laut Landgericht Osnabrück (Az. 3 Qs 38/21) nicht strafbar. Die Apotheke sei keine Behörde – insoweit bestehe im privaten Bereich derzeit eine Strafbarkeitslücke. In diesem Sinne entschied auch das Landgericht Landau (Az. 5 Qs 93/21): Nur wer gegenüber Behörden oder Versicherungen einen gefälschten Impfpass vorlegt, macht sich nach altem Recht nicht strafbar. Abgeurteilt wurden Fälle, den eine Straftat vor dem 24.11.2021 vorgeworfen wurde. Seit dem 24.11.2021 hat der Gesetzgeber den § 277 Strafgesetzbuch neu gefasst, so dass diese Fälle nun strafbar wären.

Das Amtsgericht Landstuhl (Az. 2 Cs 4106 Js 15848/21) hat in einer Entscheidung klargestellt, dass bei einem strafbaren Gebrauch von gefälschten Impfpässen, eine Straferhöhung zur Abschreckung zulässig ist.

Braucht Betreuer gerichtliche Genehmigung für Einwilligung zur Corona-Impfung?


Ein Betreuer oder Vorsorgebevollmächtigter braucht nach einer Entscheidung des Amtsgerichts Osnabrück keine betreuungsgerichtliche Genehmigung, wenn er für den Betreuten seine Einwilligung für eine Corona-Impfung erteilt. Voraussetzung ist, dass der Betreuer oder Vorsorgebevollmächtigte die gesundheitlichen Angelegenheiten des Betroffenen regeln darf und der Betroffene diese Angelegenheit nicht mehr selbst regeln kann. Zudem dürfen auch keine gesundheitlichen Risiken für den Betreuten aufgrund der Impfung bestehen.

Lehnt der Betreuer oder Vorsorgebevollmächtigte allerdings eine Corona-Impfung ab und setzt er mit dieser Entscheidung die Gesundheit des Betreuten einer Gefahr aus, so kann laut Gericht in diesem Fall eine betreuungsgerichtliche Genehmigung erforderlich sein.

Was ist ein digitaler Impfpass?


In Deutschland wurde der vom Europäischen Rat beschlossene EU-weit einheitlicher digitaler Impfpass in Ergänzung zum gelben Impfheft eingeführt. Mit ihm kann etwa eine COVID 19-Impfung auf dem Smartphone dokumentiert werden. Dies geschieht durch die Eingabe eines QR-Codes in der Corona-Warn-App oder der CovPass-App. Den QR-Code erhält man nach der Impfung im Impfzentrum oder beim Arzt. Er kann auch nachträglich in der Apotheke durch Vorlage der Impfbescheinigung generiert werden. Die digitale Impf-App speichert den Impfzeitpunkt, Impfstoff sowie den Namen des Geimpften. Diese Daten werden nur dauerhaft auf dem Smartphone gespeichert. Ein zentrales Impfregister gibt es nicht. Die App zeigt an, ab welchem Datum der vollständige Impfschutz besteht.

Konflikt um Impfung des Kindes: Welches Elternteil darf entscheiden?


Während das Amtsgericht Darmstadt (Az. 50 F 39/15 SO) die Entscheidung ein Kind gegen Tetanus, Diphterie, Masern und Pneumokokken impfen zu lassen, als eine Entscheidung des täglichen Lebens und Alltags bewertet und diese dem sorgeberechtigten Elternteil zu spricht, entscheidet das Oberlandesgericht Frankfurt/Main (Az. 6 UF 150/15), dass dies keine Entscheidung der Alltagssorge sei. Können sich die getrenntlebenden Eltern bei Impfentscheidungen nicht einigen, muss das Familiengericht entscheiden.

Der Bundesgerichtshof (Az. XII ZB 157/16) hat sich in folgendem Fall mit dem Entscheidungsrecht bei nichtehelichen Eltern im Hinblick auf die Schutzimpfung ihres Kindes befasst: Der sorgeberechtigte Vater befürwortete alle Schutzimpfungen beim Kind, die durch die Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut (STIKO) empfohlen werden. Die Mutter, bei der das Kind lebt, lehnte hingegen eine Impfung aufgrund des Infektionsrisikos ab. Das angerufene Familiengericht übertrug dem Vater das Entscheidungsrecht im Hinblick auf die Schutzimpfung. So sieht es auch der Bundesgerichtshof: Können sich sorgeberechtigte Eltern in einzelnen Sachen der elterlichen Sorge nicht einigen, kann das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils die Entscheidung auf ein Elternteil übertragen. Dabei soll der Elternteil die Entscheidungskompetenz erhalten, dessen Ansicht dem Kindeswohl entspricht. Das Gericht erkennt die Empfehlungen der STIKO als medizinischen Standard an, wonach einer Impfung nichts im Wege steht, wenn beim Kind keine Impfrisiken bestehen.

Auch das Oberlandesgericht Frankfurt/Main (Az. 6 UF 3/21) hat entschieden, dass die Entscheidungsbefugnis über die Durchführung einer Impfung bei uneinigen Eltern auf das Elternteil übertragen wird, das den Empfehlungen der STIKO folgt.

Ebenso entschied das Amtsgericht Bad (Az. 5 F 458/21 EASO): Entsteht ein Streit zwischen den Eltern über die COVID19-Impfung des Kindes mit einem mRNA-Impfstoff, wird die Entscheidung auf das Elternteil übertragen, dass den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission folgt.

Auch bei einem 16-jährigen Kind, dass mit der Corona-Schutzimpfung einverstanden ist, muss laut Oberlandesgericht Frankfurt/Main (Az. 6 UF 120/21) ein Co-Konsens mit dem sorgeberechtigten Elternteil bestehen. Kommt keine Einigung in der Impffrage zustanden und wird die Corona-Schutzimpfung von der STIKO empfohlen, soll das Elternteil entscheiden, dass die Impfung befürwortet.

Aber: Liegt keine Empfehlung der STIKO etwa für eine Nachholimpfung gegen Rotavirus, Hib und Pneumokokken für sechsjähriges Kind vor, findet laut OLG Frankfurt/Main (Az. 6 UF 53/23) keine Übertragung der Impfentscheidung auf ein Elternteil statt.
Das Oberlandesgericht Dresden (Az. 20 UF 875/21) stellt klar, dass ein 14jähriges Kind nach einer ärztlichen Aufklärung über die Impfung selbst entscheiden darf. Wenn das Kind laut Gericht reif für eine solche Entscheidung ist, muss die Impfentscheidung nicht auf das Elternteil übertragen werden, dass sich an die Empfehlungen der StIKO hält.

erstmals veröffentlicht am 09.06.2017, letzte Aktualisierung am 22.09.2023

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