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Kategorie: Anwalt Strafrecht , 01.08.2023 (Lesedauer ca. 8 Minuten, 10048 mal gelesen)

Körperverletzung: Welche Strafe droht mir?

traurige verprügelte Frau mit blutigem Auge traurige verprügelte Frau mit blutigem Auge © freepik - mko

Mehr als eine halbe Million Fälle von Körperverletzungen werden jährlich polizeilich erfasst. Doch wann liegt eine Körperverletzung vor? Wann wird eine Körperverletzung nur mit einer Geldstrafe geahndet und wie hoch ist sie? In welchen Fällen droht bei einer Körperverletzung eine Freiheitsstrafe? Wann verjährt eine Körperverletzung? Was tun, wenn man eine Anzeige wegen Körperverletzung erhält? Und welche Rechte und Ansprüche haben Opfer einer Körperverletzung?

Wann spricht man von einer Körperverletzung?

Eine Körperverletzung ist im Strafgesetzbuch als Straftatbestand normiert. Danach versteht man unter Körperverletzung, wenn die Unversehrtheit einer Person von einer anderen durch Gesundheitsschädigungen oder körperlichen Misshandlungen beeinträchtigt wird. Gesundheitsschädigung ist das Hervorrufen eines pathologischen Zustands. Dabei können nicht nur physische, sondern auch psychische Einwirkungen auf eine Person zu einer Körperverletzung führen, wenn diese Auswirkungen auf das körperliche Wohlbefinden haben. Auch das Anblasen mit Zigarettenrauch kann zu einer Gesundheitsschädigung führen und ist daher eine Körperverletzung, so das Amtsgericht (AG) Erfurt (Az. 910 Js 1195/13 48 Ds). Unter einer körperlichen Misshandlung versteht man jede unangemessene, üble Behandlung einer Person, deren Wohlbefinden oder körperliche Unversehrtheit dadurch nicht unwesentlich beeinträchtigt wird. Hierrunter fallen etwa Ohrfeigen oder Anrempeln. Aber auch eine missratene Frisur kann eine Körperverletzung darstellen, so das AG Köln (Az. 141 C 5/01) im Fall einer schief gegangenen Dauerwellenbehandlung. Von der Körperverletzung abzugrenzen sind Belästigungen, wie zum Beispiel anspucken, die die körperliche Unversehrtheit oder das Wohlbefinden eines Menschen nicht stark beeinträchtigen. So etwa, wenn ein Mitbewohner einen Kinderwagen vor den Briefkästen im Flur abstellt und den Weg so behindert, dass ein Mitbewohner stürzt, sich aber nicht verletzt, entschied das Landgericht (LG) Koblenz (Az. 4 O 213/21). Auch der COVID-Schnelltest an der Schule ist laut Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg (Az. 1 Ws 141/21) möglicherweise lästig, aber keine Körperverletzung.

Welche Arten von Körperverletzung gibt es?

Das Strafgesetzbuch unterscheidet sechs Formen der Körperverletzung:
  • Einfache Körperverletzung (§ 223 StGB) Unter den Straftatbestand einer einfachen Körperverletzung fallen körperliche Misshandlungen oder Gesundheitsschädigungen. Sie wird mit einer Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren verfolgt. Zieht etwa ein Zahnarzt ohne die Einwilligung seines Patienten elf Zähne, ist das eine vorsätzliche und fahrlässige Körperverletzung, die mit einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr bestraft wird, so das LG Stendal (Az. 501 Ns 137/12).
  • Gefährliche Körperverletzung (§ 224 StGB) Bei einer gefährlichen Körperverletzung greift der Täter zu besonders verwerflichen Tatmitteln (etwa Waffen oder Gift). Sie wird mit einer Mindestfreiheitsstrafe von sechs Monaten geahndet. So stellt das Verabreichen von KO-Tropfen zur Durchsetzung von Geschlechtsverkehr neben dem Straftatbestand der Vergewaltigung auch eine gefährliche Körperverletzung dar, so das LG Augsburg (Az. 3 KLs 201 Js 109552/22).
  • Schwere Körperverletzung (§ 226 StGB) Die schwere Körperverletzung sanktioniert besonders schwere Tatfolgen, wie zum Beispiel der Verlust der Sehkraft oder Querschnittslähmung. Eine vorsätzliche schwere Körperverletzung wird mit einer Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren geahndet.
  • Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 StGB)Stirbt ein Opfer infolge einer Körperverletzung, ohne dass der Tod vom Täter beabsichtigt war, spricht man von einer Körperverletzung mit Todesfolge. Sie wird mit einer Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren verfolgt. Stirbt eine Frau, weil sie von einem Heiler mit Salzwasser zur Teufelsaustreibung behandelt wurde, stellt das laut LG Berlin (Az. 521 Ks 3/20) eine Körperverletzung mit Todesfolge dar.
  • Fahrlässige Körperverletzung (§ 229 StGB) Eine fahrlässige Körperverletzung liegt vor, wenn der Täter diese zwar begangen, aber nicht beabsichtigt hat, wie etwa bei einem Verkehrsunfall. Oder wenn jemand Alkohol an Minderjährige verkauft und die erleiden durch den Alkoholkonsum eine Alkoholvergiftung, dann begeht er eine fahrlässige Körperverletzung, die laut LG Detmold (Az. 4 Ns 41 Js 398/12 AK: 162/13) mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten ohne Bewährung (wegen bereits vorliegender Bewährungsstrafen) geahndet wird.
  • Körperverletzung im Amt (§ 340 StGB) Eine Körperverletzung im Amt ist gegeben, wenn diese durch einen Amtsträger während der Ausübung des Dienstes oder in Beziehung auf den Dienst begangen wird. Sie wird mit einer Freiheitsstrafe von drei bis zu fünf Jahren geahndet. So begeht ein Hochschullehrer, der in zehn Fällen Studierende außerhalb der Dienstzeiten in sein Büro bestellt, die Tür abschloss und sie für angebliche Verfehlungen mit einem Bambusstock auf das Gesäß und die Waden schlug, eine gefährliche Körperverletzung im Amt, so der Bundesgerichtshof (Az. 6 StR 378/22). Auch der Versuch einer Körperverletzung ist in jeder Form strafbar.

Was versteht man unter einer Körperverletzung durch Unterlassen?

Hat jemand eine besondere Fürsorgepflicht gegenüber einer Person - etwa ein Arzt gegenüber seinem Patienten, Eltern gegenüber ihrem Kind oder ein Pfleger gegenüber seinem Patienten - und versucht er nicht eine mögliche Gesundheitsschädigung dieser Person zu vermeiden, obwohl ihm dies zumutbar und möglich gewesen wäre, hat er ggfs. eine Körperverletzung durch Unterlassen begangen. Eine Körperverletzung durch Unterlassen kann mit einer Geldstrafe oder eine bis zu dreijährige Freiheitsstrafe geahndet werden. Im Übrigen richtet sich das Strafmaß bei der Körperverletzung durch Unterlassen nach dem Grad der Körperverletzung. Lässt etwa ein Drogenkonsument auf einer Party eine Flasche mit unverdünntem Gammabutyrolacton (GBL) stehen und nehmen Partygäste das GBL in einer nicht bekannten Menge ein, muss der Besitzer des GBL einen Arzt herbeirufen. Tut er dies nicht und stirbt ein Partygast an dem Konsum von GBL, macht er sich wegen Körperverletzung durch Unterlassen mit Todesfolge strafbar, so der Bundesgerichtshof (Az.1 StR 354/16).

Wann wird eine Körperverletzung nur mit einer Geldstrafe geahndet?

Je nach Grad der Körperverletzung kann das Gericht unter Würdigung des Einzelfalls im Fall einer fahrlässigen oder einfachen Körperverletzung eine Geldstrafe verhängen. Bei schweren Formen der Körperverletzung ist eine Geldstrafe nicht mehr vorgesehen, hier kommt als Mindeststrafe eine Freiheitsstrafe in Betracht.

Wie hoch ist eine Geldstrafe wegen Körperverletzung?

Es gibt keinen festgelegten Betrag für eine Geldstrafe wegen Körperverletzung. Die Geldstrafe bemisst sich nach Tagessätzen, deren Höhe sich aus dem Nettoeinkommen des Täters ergibt. Ein Mann, der seine Ex-Partnerin mit Rohrreiniger übergoss, so dass diese schwere Verätzungen im Gesicht, Dekolleté, Händen und Beinen erlitt und ihr ein Auge entfernt werden musste, wurde vom LG Hannover (Az. 20 O 288/17) zu zwölf Jahren Haft wegen schwerer Körperverletzung verurteilt. Dem Opfer sprach das Gericht einen Schmerzensgeldanspruch von rund 250.000 Euro zu. Ein Rentner, der einen anderen Rentner im Streit um die Einhaltung der Corona-Abstandsregeln einen Sack mit Gartenabfällen ins Gesicht warf und dem Mann Schürfwunden zufügte, wurde vom AG München (Az. 824 Cs 431 Js 162556/20) wegen einer einfachen vorsätzlichen Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 70 Euro verurteilt. Ein Friseur, der seine Kundin nicht über die Allergie gegen Ammoniak und Henna aufklärte und bei der allergische Reaktionen hervorgerufen wurden, muss nach einer Entscheidung des AG Brandenburg a. d. Havel (Az. 34 C 20/20) 2.000 Euro Schmerzensgeld zahlen.

Wann verjährt eine Körperverletzung?

Eine einfache und fahrlässige Körperverletzung verjährt im strafrechtlichen Sinne nach fünf Jahren. Eine schwere oder gefährliche Körperverletzung sowie die Misshandlung Schutzbefohlener verjähren nach 10 Jahren. Eine Körperverletzung mit Todesfolge verjährt nach 20 Jahren.

Wird eine Körperverletzung nur auf Antrag des Opfers strafrechtlich verfolgt?

Damit eine einfache oder fahrlässige Körperverletzung strafrechtlich verfolgt wird, muss das Opfer bei den Ermittlungsbehörden einen Strafantrag stellen. Anders sieht das bei einer schweren oder gefährlichen Körperverletzung aus, hier wird von Amts wegen ermittelt.

Was tun bei einer Anzeige wegen Körperverletzung?

Wer eine Vorladung, einen Strafbefehl oder eine Anklage wegen Körperverletzung erhalten hat, sollte sich schnellst möglich mit einem Anwalt für Strafrecht in Verbindung setzen. Es drohen erhebliche Strafen und Auswirkungen für Ihre persönliche Zukunft! Bei einer Vorladung zur Vernehmung als Beschuldigter sollten Sie gegenüber den Ermittlungsbehörden keine Angaben machen. Sie müssen der Vorladung auch nicht Folge leisten. Gegen einen Strafbefehl wegen Körperverletzung können Sie innerhalb von zwei Wochen Einspruch einlegen. Bei Verstreichen dieser Frist wird der Strafbefehl rechtskräftig und Sie sind verurteilt. Wer wegen einer Körperverletzung angeklagt wird, muss sich vor Gericht verantworten. Das Gericht prüft den Tatvorwurf im Rahmen einer Beweisaufnahme und spricht am Ende des Verfahrens ein Urteil.

Welche Rechte und Ansprüche haben Opfer einer Körperverletzung?

Opfer einer Körperverletzung sollten sich unbedingt an einen Anwalt für Strafrecht wenden. Er berät Sie, wie Sie sich verhalten sollen und setzt sich für deren Durchsetzung Ihrer Rechte mit all seiner Kompetenz und Erfahrung ein. Ein Anwalt für Strafrecht begleitet Sie bei Vernehmungen und vertritt Sie ggfs. bei einer Nebenklage im Strafverfahren. Wer im Besitz einer Rechtsschutzversicherung ist, sollte eine Kostenübernahme prüfen. Kann ein Opfer einer Körperverletzung sich keinen eigenen Anwalt leisten, gibt es die Möglichkeit bei Gericht einen eigenen Opferanwalt zu beantragen. Er berät Sie und vertritt Ihre Rechte ebenfalls vor Gericht und bei den Ermittlungsbehörden. Er hat die Möglichkeit durch Erhebung einer Nebenklage mit Einfluss auf den Prozessverlauf zu nehmen. Er kann Akteneinsicht anfordern, Anwesenheitsrechte des Opfers beim Prozess durchsetzen, an der Beweiserhebung mitwirken oder veranlassen, dass der Angeklagte aus dem Gerichtssaal entfernt wird. Während des gesamten Prozesses vertritt er die Interessen des Opfers. Die Kosten muss entweder der verurteilte Täter tragen, oder sie können im Rahmen der Prozesskostenhilfe geltend gemacht werden. Bei einer schweren Körperverletzung erhalten Menschen mit besonderem Schutzbedürfnis eine kostenfreie psychosoziale Prozessbegleitung. Als Opfer einer Körperverletzung stehen Ihnen ggfs. Ansprüche nach dem Opferentschädigungsgesetz sowie Schmerzensgeldansprüche zu. Eine Orientierung zur Höhe der Schmerzensgeldforderungen nach einer Körperverletzung gibt Ihnen unsere hilfreiche Checkliste Aufgepasst: Zivilrechtliche Schmerzensgeldansprüche nach einer Körperverletzung müssen Opfer innerhalb von drei Jahren geltend machen.

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Häufige Fragen und Antworten zu Körperverletzung

+ Körperverletzung - was tun?

Nach einer erlitten Körperverletzung sollten Opfer umgehend einen Arzt aufsuchen, um die Verletzungen beweissicher dokumentieren zu lassen. Im Anschluss Anzeige bei der Polizei erstatten.

+ Körperverletzung - wer zahlt Arztkosten?

Die Arztkosten sind bei einer Körperverletzung vom Täter zu zahlen. Hat die Krankenkasse die Behandlungskosten übernommen, geht ein Anspruch auf Schadensersatz gegenüber dem Täter auf sie über.

+ Körperverletzung - wer zahlt Anwaltskosten?

Wird ein Verfahren wegen Körperverletzung eingestellt, zahlt das Opfer seinen Anwalt selbst. Im Falle einer Verurteilung muss der Täter die Anwaltskosten zahlen.

+ Körperverletzung - wer ermittelt?

Eine einfache Körperverletzung ist ein sog. Antragsdelikt, d.h. das Opfer muss einen Antrag auf Strafverfolgung stellen, damit die Ermittlungsbehörden tätig werden. Alle übrigen Formen der Körperverletzung sind Offizialdelikte und werden von Amts wegen von der Staatsanwaltschaft verfolgt.

+ Körperverletzung - wer haftet?

Für eine Körperverletzung und deren Folge haftet der Täter.

+ Körperverletzung - wie lange anzeigbar?

Bestimmte Formen der Körperverletzung müssen innerhalb von drei Monaten bei der Polizei angezeigt werden, ansonsten findet keine strafrechtliche Verfolgung statt. Die Geltendmachung von zivilrechtlichen Schmerzensgeldansprüchen unterliegt dieser Frist nicht.

+ Körperverletzung - wie lange im Führungszeugnis?

Ein Eintrag im Führungszeugnis findet bei einer Erstverurteilung wegen Körperverletzung bei einer Strafe von mehr als 90 Tagessätzen, bzw. 3 Monaten Freiheitsstrafe oder einer Bewährungsstrafe bis zu einem Jahr statt. Diese werden nach 3 Jahren gelöscht. Alle übrigen Fälle, also Freiheitsstrafen über ein Jahr, werden in der Regel nach 5 Jahren gelöscht.

+ Körperverletzung - wie hoch ist die Strafe?

Es gibt verschiedene Formen von Körperverletzung, die mit einem unterschiedlichen Strafmaß bedacht sind. Ausführliche Infos finden Sie oben in unserer Checkliste.


erstmals veröffentlicht am 24.05.2019, letzte Aktualisierung am 01.08.2023

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