Erbrecht: BGH-Entscheidung zur Wertberechnung Pflichtteil
Wertberechnung bei Pflichtteilsansprüchen - Grundsatzentscheidung des BGH
Welcher Wert wird zugrunde gelegt?
Mit einer aktuellen Entscheidung hat der Bundesgerichtshof einen in Pflichtteilsangelegenheiten wichtigen Streit entschieden. Es ging um die Frage, ob für die Wertbemessung von Pflichtteilsansprüchen enterbter Personen, beispielsweise Kinder oder Ehegatten der von einem Gutachter geschätzte Wert eines Nachlassgegenstandes zugrunde zu legen ist oder derjenige Wert, der in einem Verkaufsfall erzielt wurde.
Häufige Ausgangssituation
Häufig schließen Erblasser nachstehende Personen, beispielsweise Ehegatten oder Abkömmlinge durch Testament von der Erbfolge aus, was zu Pflichtteilsansprüchen führen kann. Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils und ist ein Geldzahlungsanspruch, der sich gegen den Erben richtet und im Moment des Todes des Erblassers fällig ist.
Probleme bei der Wertermittlung
Über die Höhe des Pflichtteilanspruchs besteht häufig Streit, da viele Vermögenswerte in Sachwerten gebunden sind, beispielsweise in Immobilien. In diesen Fällen kann der Pflichtteilsberechtigte verlangen, dass ein Gutachten über den Wert des Nachlassgegenstandes eingeholt wird. Wird der Nachlassgegenstand dann beispielsweise zur Versilberung des Nachlasses von dem Erben verkauft und stimmt dieser Kaufpreis nicht mit dem Wertgutachten überein, stellt sich die Frage, ob sich die Pflichtteilansprüche dann nach dem tatsächlich realisierten Wert richten. Es ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn der tatsächliche Verkaufspreis beispielsweise bei einer Immobilie unter dem Wert eines Sachverständigengutachtens gelegen hat.
Urteil des Bundesgerichtshofs
Der Bundesgerichtshof stellt fest, dass bis zu 5 Jahren nach dem Todesfall grundsätzlich der tatsächlich erzielte Verkaufserlös für die Bewertung der Pflichtteilsansprüche maßgeblich ist, sofern nicht außergewöhnliche Umstände hinzutreten. Der Pflichtteilsberechtigte trägt die Darlegungs- und Beweislast, dass dieser Verkaufswert nicht den Verkehrswert zum Zeitpunkt des Erbfalls entspricht. Für potentielle Erben heißt dies aber, dass sie bei der Zahlung von Pflichtteilsansprüchen darüber reflektieren müssen, ob sie einen eventuell werthaltigen Nachlassgegenstand nicht möglicherweise zu realistischen Preisen verkaufen um so die Pflichtteilslast zu reduzieren. Denn sollte ein erzielbarer Verkaufspreis unter dem Wert eines Gutachtens liegen, wäre der Erbe der Zahlung des höheren Pflichtteils benachteiligt.
erstmals veröffentlicht am 18.01.2011, letzte Aktualisierung am 30.06.2016
von Sebastian Windisch
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