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Kategorie: Anwalt Immobilienrecht ,
05.03.2024 (Lesedauer ca. 3 Minuten, 29372 mal gelesen)
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Kostenvoranschlag: Wie weit darf die Handwerkerrechnung abweichen?

Kostenvoranschlag: Wie weit darf die Handwerkerrechnung abweichen? © freepik - mko

Kunden holen bevor sie einem Handwerker einen Auftrag erteilen in der Regel mehrere Kostenvoranschläge von verschiedenen Handwerksunternehmen ein. So können sie Preis/Leistung eines Handwerkers besser einschätzen. Wann muss man einen Kostenvoranschlag eines Handwerkers bezahlen? Was tun, wenn die Handwerkerrechnung später erheblich höher als der Kostenvoranschlag ausfällt? Wie kann man einen Kostenanstieg bei Handwerkerleistungen im Vorfeld vermeiden? Und was muss man bei der Prüfung einer Handwerkerrechnung beachten?

Muss ich einen Kostenvoranschlag vom Handwerker bezahlen?


Bevor der Kunde ein Gewerk in Auftrag gibt, empfiehlt es sich einen schriftlichen Kostenvoranschlag vom Handwerker erstellen zu lassen. In diesem sollten transparent und eindeutig eine Kalkulation für die durchzuführenden Arbeiten sowie die dafür anfallenden Kosten aufgeführt sein. Der Kunde hat damit die Möglichkeit Preis und Leistung mit Angeboten von anderen Handwerkern zu vergleichen.

Wichtig: Auch wenn das Anfertigen eines Kostenvoranschlages für ein Handwerksunternehmen mit viel Aufwand verbunden sein kann, dürfen hierfür keine Kosten in Rechnung gestellt werden. Ein Kostenvoranschlag ist für den Kunden immer kostenlos, es sei denn es wurde vorher vertraglich eine Zahlung für den Kostenvoranschlag mit dem Handwerker vereinbart. Ein Hinweis in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf den kostenpflichtigen Kostenvoranschlag ist nicht ausreichend, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe (Az. 19 U 57/05).

Das Amtsgericht (AG) Hamburg (Az. 49 C 212/21) hat klargestellt, dass ein Kostenvoranschlag nur dann vergütungspflichtig ist, wenn dies ausdrücklich und unmissverständlich zwischen Kunde und Handwerker vereinbart wurde. Eine stillschweigende Vereinbarung einer Kostenpflicht ist unwirksam.

Wie weit darf die Handwerkerrechnung vom Kostenvoranschlag abweichen?


Grundsätzlich ist ein Kostenvoranschlag unverbindlich und die spätere Handwerkerrechnung darf auch höher ausfallen. Schließlich werden im Kostenvoranschlag nur die vorher abzuschätzenden Arbeiten und die ungefähren Kosten und aufgeführt. Wird der Kostenvoranschlag nur unwesentlich überschritten, muss der Kunde die Mehrkosten tragen. Als unwesentliche Überschreitung liegt laut den Gerichten bei 10 bis 20 Prozent Mehrkosten vor, so etwa das Landgericht (LG) Coburg (Az. 12 O 81/09).

Wird der Kostenvoranschlag allerdings erheblich überschritten sieht das anders aus: In diesem Fall muss der Handwerker sobald ihm die Kostenüberschreitung bewusst wird den Kunden darüber informieren. Der Kunde hat dann die Möglichkeit den Werkvertrag zu kündigen. Informiert der Handwerker den Kunden zu spät über die erhebliche Kostenüberschreitung, macht er sich schadensersatzpflichtig.

Dies gilt laut OLG Saarbrücken (Az. 2 U 172/13) aber nicht, wenn die Kostensteigerung für den Kunden offensichtlich zu erkennen war.

Eine Klausel wonach der Handwerker berechtigt ist bei unvorhergesehenen Materialkosten seine Vergütung anzupassen, ist laut OLG Zweibrücken (Az.5 U 188/22) unzulässig, weil sie einseitig den Auftraggeber benachteiligt.

Aufgepasst: Vereinbaren aber Kunde und Handwerker, dass der Kostenvoranschlag verbindlich sein soll, handelt es sich um eine Festpreisvereinbarung. In diesem Fall dürfen die im Kostenvoranschlag genannten Kosten in der Handwerkerrechnung nicht überschritten werden.

Was kann ich tun, wenn die Handwerkerrechnung höher sein wird als Kostenvoranschlag?


Informiert der Handwerker seinen Kunden, dass die Handwerkerrechnung deutlich über dem Kostenvoranschlag ausfallen wird, hat der Kunde zwei Möglichkeiten: Zum einen kann er den Werkvertrag mit dem Handwerker außerordentlich kündigen. In dem Fall muss er die Leistungen des Handwerkers bis zu diesem Zeitpunkt bezahlen. Zum anderen kann er sein Einverständnis zum neuen Preis erklären.

Wie verschaffe ich mir bei einem Handwerksauftrag Kostensicherheit?


Um Kostenexplosionen zu vermeiden, empfiehlt es sich vom Handwerksunternehmen ein schriftliches Angebot zu fordern. Dieses ist im Gegensatz zum Kostenvoranschlag für das Handwerksunternehmen binden. Das heißt, die im Angebot aufgeführten Kosten dürfen im Nachhinein nicht einfach überschritten werden. Kommt es bei der Erfüllung des Auftrags zu weiteren oder umfangreicheren Arbeiten als im Angebot aufgeführt, muss auch hier das Handwerksunternehmen seinen Kunden darüber informieren. Dies erfolgt in der Regel durch ein „Nachtragsangebot“ mit dem sich der Kunde einverstanden erklären muss.

Auf der sicheren Seite ist der Kunde, wenn es ihm gelingt mit dem Handwerksunternehmen einen Festpreis zu vereinbaren. In diesem Fall trägt das Handwerksunternehmen das Kostenrisiko für Mehrarbeiten, höhere Materialkosten oder mehr Personalaufwand.

Muss ich dem Handwerker Abschlagszahlungen leisten?


Grundsätzlich kann das Handwerksunternehmen seine erbrachten Leistungen erst nach der Abnahme durch den Kunden abrechnen. Das Handwerksunternehmen hat aber die gesetzliche Möglichkeit sogenannte Abschlagszahlungen mit dem Kunden vertraglich zu vereinbaren. In diesem Fall muss der Kunde dann je nach Baufortschritt eine bestimmte, im Vertrag festgelegte Zahlung leisten.

Wie überprüfe ich eine Handwerkerrechnung?


Um die spätere Handwerkerrechnung überprüfen zu können sollte immer ein schriftlicher Vertrag zwischen dem Kunden als Auftraggeber und dem Handwerker als Auftragnehmer abgeschlossen werden. Mindestinhalt des Vertrages sollte das Festlegen der Leistung sein, beispielsweise: Einbau von drei Fenstern. Ferner sollte die Abrechnungsart festgelegt werden. Die Abrechnung kann auf Stundenlohn oder zu einem Pauschalpreis erfolgen. Die branchenüblichen Stundensätze können bei der Handwerkerinnung nachgefragt werden. Wichtig zu wissen: Ein Handwerker darf eine um wenige Minuten angebrochene halbe Stunde nicht als volle Stunde abrechnen, so das LG Düsseldorf (Az.12 O 292/87). Fahrtkosten dürfen extra berechnet werden. Darüber hinaus empfiehlt es sich einen Fertigstellungstermin festzulegen. Auf Grundlage des Vertrages kann dann später die Handwerkerrechnung nach vereinbarten Leistungen und Kosten kontrolliert werden.

erstmals veröffentlicht am 31.08.2012, letzte Aktualisierung am 05.03.2024

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