Stolperfalle im Supermarkt: Wer haftet bei einem Sturz?
Hindernisse in den Gängen, Unebenheiten auf dem Fußboden oder rutschige Fußmatten im Eingangsbereich: Im Supermarkt können viele Stolperfallen für Kunden lauern. Wenn es dann zu einem Sturz eines Kunden gekommen ist, stellt sich die Frage, wer für die Folgen des Sturzes haftet? Welche Verkehrssicherungspflichten muss der Supermarktbetreiber erfüllen? Und welche Sorgfaltspflichten hat ein Kunde im Supermarkt?
- Welche Verkehrssicherungspflicht hat der Betreiber eines Supermarktes?
- Für welche Unfallgefahren im Eingangsbereich haftet der Supermarkt?
- Haftet der Supermarkt für einen Sturz auf rutschigem Fußboden?
- Welche Sorgfaltspflichten hat ein Kunde in einem Supermarkt?
- Müssen Hinweisschilder auf Reinigungsarbeiten im Supermarkt aufgestellt werden?
Welche Verkehrssicherungspflicht hat der Betreiber eines Supermarktes?
Supermärkte müssen angemessene und erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um die Sicherheit ihrer Kunden beim Einkauf zu gewährleisten. Dazu gehört u.a. die regelmäßige Inspektion der Verkaufsräume, die Beseitigung von Gefahrenquellen und die Kennzeichnung potenzieller Risiken.
Laut dem Amtsgericht (AG) München (Az. 158 C 21362/15) ist ein Supermarktbetreiber aber nicht verpflichtet seinen Kunden eine absolute Sicherheit zu gewährleisten und es kann von einem Ladeninhaber nicht verlangt werden Kunden vor allen erdenklichen Gefahren zu schützen. Ob eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht bei einem Sturz eines Kunden im Ladenlokal vorliegt, entscheiden daher oft die Gerichte.
Für welche Unfallgefahren im Eingangsbereich haftet der Supermarkt?
Für den Sturz eines Mannes über eine 3 cm hohe Stolperkante zwischen zwei Gehwehplatten im Eingangsbereich eines Supermarktes, haften Kunde und Geschäftsführer des Ladens jeweils zur Hälfte, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Hamm (Az. 9 U 158/15). Begründung: Mit Unebenheiten von bis zu 2,5 cm müssen Fußgänger bei einem Gehweg rechnen. Zwar sei die Stolperfalle an der Unfallstelle 3 cm hoch gewesen, der Fußgänger hätte aber bei hinreichender Aufmerksamkeit den Sturz vermeiden können.
Stolpert und stürzt ein Kunde im Eingangsbereich mit seinem Einkaufswagen über eine unbefestigte Fußmatte, führt dies nicht zwangsläufig zur Haftung des Supermarktbetreibers, so das OLG Koblenz (Az. 2 U 468/10) Begründung: Der Kunde bemerkte beim Befahren der Fußmatte einen Widerstand und versuchte trotzdem mit seinem Einkaufswagen weiterzufahren, wobei er stürzte.
Wird aber eine Fußmatte zur Rutschgefahr, weil sich witterungsbedingt Nässe unter ihr gesammelt hat, muss bei einem Sturz eines Kunden der Supermarkt für die Folgen gerade stehen, so das Landgericht (LG) Coburg (Az. 21 O 645/07) und spricht dem Gestürzten rund 13.500 Euro Schmerzensgeld und Schadensersatz zu.
Haftet der Supermarkt für einen Sturz auf rutschigem Fußboden?
Schon bei der Auswahl des Bodenbelags werden hohe Anforderungen im Hinblick auf die Sicherheit für die Kunden gestellt, so der Bundesgerichtshof (BGH) (Az. VI ZR 238/93). Ebenso bei der Pflege des Fußbodens. Ist eine falsche Bodenpflege für den Sturz eines Kunden verantwortlich, führt dies zur Haftung des Supermarktbetreibers, entschied das OLG Köln (Az. 17 U 76/74).
Darüber hinaus muss der Inhaber eines Supermarkts muss im Rahmen seiner Verkehrssicherungspflicht den Fußboden des Geschäfts regelmäßig kontrollieren lassen. Laut OLG Nürnberg (Az.3 U 806/05) ist alle 15 bis 20 Minuten eine Kontrolle des Bodens vorzunehmen. Hat der Supermarktinhaber einen Kontrollabstand von 15 Minuten eingehalten und stürzt eine Kundin trotzdem aufgrund eines Sahneflecks auf dem Fußboden, haftet der Supermarkt nicht für den Sturz, so das LG Coburg (Az. 21 O 281/12).
Kommt der Ladeninhaber aber seiner Kontrollpflicht im Hinblick auf einen gefahrlosen Fußboden nicht nach, haftet er bei einem Sturz eines Kunden. So im Fall eines Kunden, der in einem Supermarkt aufgrund eines Margarineflecks auf dem Fußboden ausrutschte und sich verletzte. Laut LG Nürnberg-Fürth (Az. 11 S 4998/94) haftet der Ladeninhaber für die Unfallfolgen.
Auch der Sturz einer Kundin aufgrund eines Fettflecks von einer Fleischwurst führt zur Haftung des Ladeninhabers, so das AG München (Az.271 C 18055/11). Ebenso der Sturz eines Kunden wegen einer Wasserpfütze auf dem Boden, so das AG Schöneberg (Az. 17 C 113/14).
Ist rutschiger Boden in einer Obstableitung für den Sturz eines Kunden verantwortlich, kann der Kunde laut OLG Karlsruhe (Az.7 U 18/03) 3.000 Euro Schmerzensgeld vom Supermarkt verlangen.
Kommt es aufgrund eines witterungsbedingt rutschigen Fußbodens zu einem Unfall im Eingangsbereich eines Geschäfts, haftet der Betreiber für die Folgen des Unfalls, entschied das OLG Nürnberg (Az. 3 U 1877/95). An die Auswahl des Bodenbelags in einem Supermarkt sind laut Gericht strenge Anforderungen zu stellen, u.a. dass es nicht zu einer witterungsbedingten Rutschgefahr kommt.
Welche Sorgfaltspflichten hat ein Kunde in einem Supermarkt?
Auf der anderen Seite tragen auch die Kunden eine gewisse Verantwortung für ihre eigene Sicherheit. Abgelenktheit oder Eile beim Einkaufen können dazu führen, dass Kunden potenzielle Gefahren übersehen und stürzen. Kunden müssen sich mit einer gewissen Aufmerksamkeit im Supermarkt bewegen.
Stolpert ein Kunde in einem Gartencenter über einen Wasserschlauch auf dem Fußboden, gehört dies zum allgemeinen Lebensrisiko und führt nicht zu einer Haftung des Gartencenters, entschied das AG München (Az. 122 C 9106/19). Ebenso der Sturz eines Kunden über einen Wasserkasten in einem Getränkemarkt, so das LG Coburg (Az. 12 O 871/03) oder der Sturz einer Kundin in einem Blumenladen wegen eines Blattes auf dem Fußboden, so das OLG Koblenz (Az. 5 U 362/11). Auch ein abgestellter Rollwagencontainer stellt keine Gefahrenquelle dar, für die der Supermarkt haften muss, wenn ein Kunde über ihn stolpert und sich verletzt, entschied das LG Coburg (Az. 11 O 748/08). Anders entschied das OLG Frankfurt am Main (Az. 16 U 118/12) im Fall eines Kunden, der in einem Supermarkt über eine Rolle an einem Rollwagenständer fiel. Das Gericht machte den Supermarkt für den Unfall haftbar.
Kunden, die beispielsweise offensichtliche Warnhinweise ignorieren oder unvorsichtig handeln, können für die Folgen eines Sturzes im Supermarkt zumindest mithaften.
Tipp: Sollten Kunden eine potenzielle Gefahr für andere Kunden im Supermarkt entdecken, ist es zur Vermiedung von Unfällen hilfreich, wenn sie diese dem Personal im Supermarkt melden, damit sie schnell behoben werden kann.
Müssen Hinweisschilder auf Reinigungsarbeiten im Supermarkt aufgestellt werden?
Nach Reinigungsarbeiten in einem Supermarkt müssen entsprechende Hinweisschilder aufgestellt werden, die die Kunden vor Rutschgefahren warnen. Unterlässt ein Supermarkt das, haftet er für den Sturz eines Kunden, so das LG Coburg (Az. 24 O 76/18).
erstmals veröffentlicht am 10.02.2017, letzte Aktualisierung am 26.03.2024
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