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Kategorie: Anwalt Arbeitsrecht ,
03.06.2024 (Lesedauer ca. 5 Minuten, 24313 mal gelesen)
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Arbeitskleidung: Was zählt dazu und wer zahlt sie?

Arbeitskleidung: Was zählt dazu und wer zahlt sie? © freepik - mko

Ob im Supermarkt, der Gastronomie, im Handwerk oder in der Arztpraxis: In vielen Branchen ist das Tragen von Arbeitskleidung üblich. Doch wann darf der Arbeitgeber das Tragen von Berufskleidung vorschreiben? Wer übernimmt die Kosten für die Anschaffung der Arbeitskleidung? Wer ist für die Reinigungskosten verantwortlich? Und können die Ausgaben für Arbeitskleidung bei der Einkommensteuer abgesetzt werden?

Wann kann der Arbeitgeber das Tragen von Arbeitskleidung verlangen?


Es gibt eine Vielzahl gesetzlicher Vorschriften zum Schutz der Arbeitnehmer, die das Tragen bestimmter Arbeits- oder Schutzkleidung vorschreiben. Dies gilt beispielsweise für Beschäftigte in lebensmittelverarbeitenden Betrieben oder der Chemieindustrie. Zudem müssen Arbeitnehmer auch dann Arbeitskleidung tragen, wenn der Arbeitgeber aus Gründen einer professionellen Außenwirkung und eines einheitlichen Erscheinungsbildes dies wünscht. Der Arbeitgeber kann im Rahmen seines Weisungsrechts die Pflicht zum Tragen bestimmter Kleidung entweder individuell im Arbeitsvertrag oder durch eine Betriebsvereinbarung festlegen. Dies stellt auch das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf (Az. 3 SLa 224/24) in einem Urteil klar, wonach ein Arbeitgeber Rot als Farbe der Arbeitsschutzhose vorschreiben darf. Diese Anordnung ist laut Gericht vom Weisungsrecht des Arbeitgebers gedeckt.

Existiert im Unternehmen ein Betriebsrat, hat dieser bei der Festlegung der Berufskleidung ein Mitbestimmungsrecht. Dabei ist es wichtig, dass die Berufskleidung das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer nicht verletzt, was etwa aus religiösen oder ästhetischen Gründen relevant sein kann.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einem Urteil (Az. 1 AZR 1083/12) klargestellt, dass unterschiedliche Vorschriften zum Tragen einer Cockpit-Mütze für männliche und weibliche Piloten zulässig sind. Die Regelung, dass nur männliche Piloten eine Mütze tragen müssen, verstößt nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg entschied (Az. 4 TaBV 2/15), dass bei hohen Sommertemperaturen von Postbank-Angestellten nicht verlangt werden kann, eine Krawatte zu tragen.

Welche Kleidung ist nicht als Arbeitskleidung geeignet?


Rote Hemden und schwarze Schürzen sind als Arbeitskleidung für Fleischfachverkäufer nicht geeignet, entschied das Verwaltungsgericht (VG) Berlin (Az. VG 14 K 344.11 und VG 14 K 150.12). Mit dieser Kleidung werde gegen die europarechtliche Lebensmittelhygieneverordnung EG) Nr. 852/2004) verstoßen, wonach Arbeitnehmer, die im Lebensmittelbereich tätig sind, saubere Berufskleidung tragen müssen. Bei schwarzen Schürzen und roten Hemden an der Fleischtheke kann ein Arbeitnehmer laut Gericht nicht erkennen, wann seine Kleidung etwa mit Blut verschmutzt ist und er sie demzufolge wechseln muss. Helle Arbeitskleidung ist laut Gericht an dieser Stelle besser geeignet.

Dunkle Berufskleidung in einer Konditorei hält das VG Berlin (Az.VG 14 K 342.11) hingegen für geeignet. Ob eine Berufskleidung angemessen sei, bestimme sich nicht nach der Farbauswahl.

Muss ich meine Arbeitskleidung selbst bezahlen?


Wenn es sich bei der Berufskleidung um Kleidungsstück handelt, die der Arbeitnehmer auch in seiner Freizeit tragen kann, muss er diese auf eigene Kosten anschaffen – es sei denn, im Arbeitsvertrag ist dies anders geregelt.
Bei Berufsbekleidung, wie etwa Schutzanzüge oder Helme, trägt der Arbeitgeber die Kosten.

Wer trägt die Kosten für Arbeitskleidung mit Logo oder für eine Uniform?


Ob Handwerker, Dienstleister oder öffentlicher Dienst: In vielen Berufsgruppen wird das Tragen von Dienstkleidung mit Firmenlogo oder Uniformen verlangt. In der Regel wird diese Berufskleidung dann auch vom Arbeitgeber gezahlt, gesetzlich verpflichtet ist er dazu allerdings nicht.

Im Arbeitsvertrag kann vereinbart werden, dass der Arbeitnehmer etwa monatlich eine Kostenpauschale für bereitgestellte Arbeitskleidung zahlen muss. In diesem Fall darf diese Vereinbarung den Arbeitnehmer aber nicht unverhältnismäßig benachteiligen und die Kostenpauschale darf nicht vom unpfändbaren Nettoentgelt einbehalten werden, entschied das BAG (Az. 9 AZR 676/07).

Wann muss der Arbeitgeber mir Schutzkleidung zur Verfügung stellen?


Schreiben Unfallverhütungsvorschriften oder Hygieneregelungen das Tragen von Schutzkleidung, wie etwa Sicherheitsschuhe, Schutzbrillen, Mundschutz oder Schutzhelme, vor, muss der Arbeitgeber die Kosten für diese Arbeitskleidung tragen und dem Arbeitnehmer diese zur Verfügung stellen. In diesem Fall dürfen die Anschaffungskosten für die Schutzkleidung auch nicht auf den Arbeitnehmer abgewälzt werden – noch nicht mal zum Teil.

Muss ich die Reinigungskosten für Arbeitskleidung selbst zahlen?


Ist das Tragen von Arbeitskleidung aus Schutzvorschriften oder Hygieneregeln für den Arbeitnehmer verpflichtend, muss er nicht die Reinigungskosten dafür tragen. Der Betrieb hat dafür Sorge zu tragen, dass die Arbeitskleidung sauber und geeignet ist.
So hat das BAG (Az. 9 AZR 191/15) im Fall eines Schlachtbetriebs klargestellt, dass die Reinigungskosten der Hygienekleidung der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber bezahlt werden müssen.

Kann ich die Kosten für Arbeitskleidung von der Steuer absetzen?


Die Kosten für Arbeitskleidung sind nur dann bei der Einkommenssteuer als Werbungskosten absetzbar, wenn es sich um eine typische Berufskleidung handelt, die nicht auch in der Freizeit des Arbeitnehmers getragen werden kann.

Der Bundesfinanzhof hat in zwei Urteilen (Az. XI R 3/22 und VIII R 33/18) klargestellt, dass die Kosten für die Anschaffung von Arbeitskleidung nur dann steuerlich geltend gemacht werden können, wenn äußere Merkmale an der Kleidung auf eine Arbeitskleidung schließen lassen, die nicht in der Freizeit getragen wird. Das Gericht lässt eine steuerliche Absetzbarkeit auch nicht in den Fällen zu, in denen die Kleidung aufgrund der beruflichen Tätigkeit stark verschließen wird oder wenn der Arbeitnehmer sich höherwertige Kleidung für seine berufliche Tätigkeit kaufen muss.

Der schwarze Anzug eines Orchestermusikers kann aus diesem Grund laut Finanzgericht (FG) Münster (Az. 8 K 3646/15 E) nicht als Werbungkosten geltend gemacht werden. Auch der Bundesfinanzhof (BFH) (Az. VIII R 33/18) stellt im Fall eines Trauerredners klar, dass die Kosten für schwarze Kleidung bei der Steuer nicht angesetzt werden können, weil diese auch privat getragen werden kann.
Auch der Anzug, das Hemd und die Schuhe eines Anwalts sind wegen ihrer auch privaten Nutzungsmöglichkeit bei der Einkommenssteuer nicht absetzbar, so das FG Hamburg (Az. 6 K 231/12).

Ebenso sind die Kosten für neue Schuhe bei einer Schuhverkäuferin nicht bei der Einkommenssteuer zu berücksichtigen, entschied das FG Münster (Az. 9 K 3675/14 E).

Auch die Sportbekleidung eines Profifußballers sind steuerlich nicht als Werbungskosten anzuerkennen, entschied das FG Rheinland-Pfalz (Az. 1 K 1490/12). Es handele sich hier nicht um eine typische Berufskleidung, die nur bei der Ausübung des Berufs getragen werden kann, sondern um Alltagskleidung.

Bis zu welcher Höhe kann ich die Kosten für Arbeitskleidung steuerlich absetzen?


Es gibt bei der Einkommenssteuer eine Arbeitsmittel-Pauschale, wozu auch Arbeitskleidung gehört. Diese liegt aktuell bei 110 Euro.

Kann ich die Reinigung von Arbeitskleidung steuerlich absetzen?


Bei typischer Berufskleidung, die nur während der Arbeitszeit getragen wird, können die Kosten für die Reinigung grundsätzlich bei der Einkommenssteuer abzugsfähig sein, entschied das FG Rheinland-Pfalz (Az. 2 K 1638/09). Typische Berufskleidung sind laut Gericht etwa Amtstrachten oder der weiße Arztkittel. Der schwarze Anzug eines Croupiers im Spielkasino ist hingegen keine typische Berufskleidung, entschied das FG Baden-Württemberg (Az. 4 K 448/01).

Auch Auszubildende können die Kosten für die Reinigung eines Anzugs, den sie während der Arbeitszeit tragen, nicht von der Steuer absetzen, entschied das FG des Saarlandes (Az. 2 K 1497/07).

erstmals veröffentlicht am 18.06.2015, letzte Aktualisierung am 03.06.2024

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