Äußerungen zur „Hitler-Glocke" rechtmäßig!
Im rheinland-pfälzischen Herxheim am Berg existiert eine Kirchenglocke mit der Aufschrift „Alles fürs Vaterland - Adolf Hitler“. Über diese sog. „Hitler-Glocke“ wurde in einigen Medien berichtet. Im Fernsehmagazin Kontraste äußerten sich der Bürgermeister, der Pfarrer und ein Bürger in einer Art und Weise zu dieser Glocke, die ihnen jeweils Strafanzeigen bescherte. Jetzt hat das Verwaltungsgericht Neustadt entschieden, dass die Äußerungen des Bürgermeisters rechtmäßig waren.
Fernsehinterview führt zu Strafanzeigen gegen Bürgermeister, Pfarrer und einen Bürger
Der vom Fernsehmagazin Kontraste befragte Bürgermeister soll zur Hitler-Glocke gesagt haben, dass die Gemeinde stolz sein könne eine von nur drei bundesweit existierenden Glocken mit dieser Inschrift zu besitzen. Außerdem solle man umfangreicher über Hitler berichten. Dieser habe nicht nur Greueltaten begangen, sondern auch Dinge veranlasst, die heute noch genutzt würden.
Der Pfarrer äußerte sich zur Aufforderung die Glocke abzustellen, dass er nicht verstehe, warum die Glocke jetzt abgestellt werden soll. Alles was von ihr ausgehe sei ein zweigestrichenes C.
Ein Bürger der Gemeinde meinte im Kontraste-Interview, dass nicht alles schlecht war was Hitler getan habe. Er habe die Arbeitslosigkeit abgeschafft und Autobahnen gebaut.
Kein Verdacht aus Verbreiten von Propagandamitteln, Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen oder Volksverhetzung
Die Strafanzeigen, die aufgrund dieser Äußerungen erfolgten, führten nicht dazu, dass die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren einleitete. Sie vertritt die Ansicht, dass das Hängenlassen und Läuten der Glocke nicht den Tatbestand des Verbreitens von Propagandamitteln erfülle. Bei Propagandamittel müsse der Inhalt gegen die freiheitliche demokratische Ordnung gerichtet sein, was bei der Glocke nicht der Fall sei. Eine Strafbarkeit der Beteiligten scheide auch deshalb aus, weil sie keine Propagandamittel hergestellt haben oder solche verbreiten, so die Staatsanwaltschaft.
Auch das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen kann den Beteiligten laut Staatsanwaltschaft nicht vorgeworfen werden, weil keiner von ihnen das auf der Glocke befindliche Hakenkreuz in einer Versammlung öffentlich verwendet hat. Der für die Öffentlichkeit wahrnehmbare Ton der Glocke ist kein Kennzeichen einer verfassungswidrigen Organisation.
Die Staatsanwaltschaft konnte auch keinen Verdacht auf Volksverhetzung in den Äußerungen der Beteiligten erkennen. Sie hätten mit ihren Statements die Nazi-Herrschaft nicht gebilligt, verleugnet oder verharmlost.
Gemeinderatsbeschluss und Äußerungen zur Hitlerglocke sind rechtmäßig
Das Verwaltungsgericht Neustadt (Aktenzeichen 3 K 751/18.NW, 3 K 802/18.NW) hat entschieden, dass der Gemeinderatsbeschluss, die Hitlerglocke hängenzulassen und auch die Äußerungen des Bürgermeisters rechtmäßig sind. Bei den Äußerungen des Bürgermeisters handele es sich um eine zulässige Meinungsäußerung, die nicht auf eine Herabsetzung einer Person oder Personengruppe abzielte. Insbesondere sei keine Verhöhnung von Menschen mit jüdischer Abstammung erfolgt. Zudem soll eine Mahntafel die Geschichte der Glocke erläutern.
erstmals veröffentlicht am 03.10.2017, letzte Aktualisierung am 13.11.2018
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