anwaltssuche
Suche
Kategorie: Anwalt Sozialrecht ,
19.03.2021 (Lesedauer ca. 4 Minuten, 2304 mal gelesen)
Stern Stern Stern Stern Stern grau 4.0 / 5 (247 Bewertungen)

Hartz IV bei Umschulung und Weiterbildung

Hartz IV bei Umschulung und Weiterbildung © freepik - mko

Die Kosten einer Umschulung oder Weiterbildung sind für Hartz IV-Empfänger kaum zu stemmen. Aus diesem Grund ist staatliche Hilfe nötig. Doch gibt es für Hartz IV-Empfänger einen Anspruch auf Umschulung? Welche Kosten werden übernommen? Was ist ein Bildungsgutschein? Was tun, wenn eine Umschulung abgelehnt wurde? Und welche Sanktionen drohen bei Nichtteilnahme an einer Umschulung oder Weiterbildung?

Was ist der Unterschied zwischen Umschulung und Weiterbildung?

Bei einer Weiterbildung wird auf berufliches Wissen aufgebaut, während bei einer Umschulung ein völlig neuer Beruf erlernt wird.

Muss eine Umschulung beantragt werden?

Ein Hartz IV-Empfänger, der aus gesundheitlichen Gründen oder weil die Arbeitsmarktlage für seinen Beruf schlecht ist, eine Umschulung auf einen neuen Beruf machen möchte, muss beim Jobcenter einen entsprechenden Antrag stellen. Im Antrag ist ausführlich darzulegen, warum die Umschulung notwendig ist.

Wann wird eine Umschulung/Weiterbildung vom Jobcenter genehmigt?

Zwingende Voraussetzung für die Bewilligung einer Umschulung ist, dass der Antragssteller eine Berufsausbildung abgeschlossen hat und mindestens 18 Jahre alt ist. Ob das Jobcenter eine Umschulung genehmigt, hängt in erster Linie davon ab, ob sich die Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch die Umschulung für den Sozialleistungsempfänger verbessern. Dies ist der Fall, wenn etwa der ursprüngliche Beruf aufgrund einer Erkrankung nicht mehr ausgeübt werden kann, zum Beispiel bei einer Allergie eines Friseurs gegen Haarfarbe. Oder wenn der örtliche Arbeitsmarkt keine freien Stellen für den Hartz IV-Empfänger bietet. So hat das Sozialgericht Dresden (Aktenzeichen S 34 AS 3910/09 ER) entschieden, dass die ARGE verpflichtet ist, die Kosten für die Umschulung einer Hartz IV-Empfängerin zur Erzieherin für zwei Jahre zu übernehmen. Aber auch wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, gibt es keinen Anspruch auf eine Umschulung oder Weiterbildung. Es handelt sich hier um eine sog. Kann-Leistung.

Was ist ein Bildungsgutschein?

Frau studiert in einer Bibliothek in einem dicken BuchFür Hartz IV-Empfänger besteht die Möglichkeit per Bildungsgutschein umzuschulen, wenn eine Weiterbildung notwendig ist um die Arbeitslosigkeit zu beenden oder ein fehlender Berufsabschluss nachgeholt werden kann. In diesem Fall sucht sich der Sozialleistungsempfänger selbst ein Umschulungsangebot aus. Auf dem Bildungsgutschein werden das Ziel der Weiterbildung, die Dauer, der regionale Geltungsbereich, die übernommenen Kosten und die Gültigkeitsdauer vermerkt. Seine Inanspruchnahme ist zeitlich auf drei Monate befristet. Vor dem Umschulungskursbeginn muss der Bildungsgutschein dem Träger der Maßnahme vorgelegt werden. Der Bildungsgutschein umfasst folgende Leistungen: • Kosten der Umschulung, wie Lehrgangskosten, Arbeitsmaterial, Arbeitskleidung • Fahrtkosten und Unterbringungskosten • Kinderbetreuungskosten Darüber hinaus besteht die Möglichkeit eine sog. Weiterbildungsprämie zu erhalten. Voraussetzung ist, dass die Zwischenprüfung, bzw. der Abschluss der Umschulung, erfolgreich bestanden wird. Wichtig zu wissen: Hartz IV-Empfänger beziehen während einer Umschulung weiter ihren monatlichen Regelbedarf!

Was bedeutet Umschulung per Auftragsmaßnahme?

Bleistift und Hand füllt Prüfungsbogen ausDas Arbeitsamt führt Umschulungen mit bestimmten Trägern, wie IHks oder Bildungsinstituten durch, auf die sich ein Sozialleistungsempfänger bewerben kann. Im Unterschied zum Bildungsgutschein kann er sich die Umschulungsmaßnahme nicht frei aussuchen, sondern sie wird ihm zugewiesen. Eine Umschulung per Auftragsmaßnahme vom Arbeitsamt muss auch beantragt werden.

Umschulung abgelehnt – und jetzt?

Lehnt das Jobcenter einen Antrag auf Umschulung ab, kann der Sozialleistungsempfänger innerhalb von vier Wochen Widerspruch gegen den Bescheid erheben. Wird auch der Widerspruchsbescheid ablehnt, bleibt die Klage vor dem Sozialgericht. Doch auch wenn das Jobcenter die Kostenübernahme für eine Umschulung ablehnt, muss die beabsichtigte berufliche Veränderung damit noch nicht gestorben sein. Möglicherweise kommen noch andere Leistungsträger für die Übernahme der Umschulungskosten in Betracht. Ist eine Umschulung wegen Krankheit notwendig, kommen etwa die Krankenkasse, Rentenversicherung, Berufsgenossenschaft oder auch kommunale Reha-Träger für die Übernahme der Umschulungskosten in Betracht.

Drohen Sanktion bei Nichtteilnahme an einer Umschulung?

Gruppe sitzt in einem BesprechungsraumHat das Jobcenter eine Umschulung genehmigt, ist der Sozialleistungsempfänger auch verpflichtet an der Umschulungsmaßnahme teilzunehmen. Wer unentschuldigt bei Umschulungen oder Weiterbildungen fehlt, muss mit Sanktionen rechnen. In der Regel erfolgen die Sanktionen über Leistungskürzungen, die je nach Verweigerung zur Teilnahme an der Umschulung empfindlich sein können. Sollte ein Termin bei einer Umschulungs- oder Weiterbildungsmaßnahme nicht wahrgenommen werden können, sollte das Jobcenter umgehend mit entsprechenden Nachweisen unterrichtet werden. Wichtig zu wissen: Während einer Weiterbildungsmaßnahme muss ein Hartz IV-Empfänger nicht dauernd für das Jobcenter greifbar sein, um mögliche Stellenangebote wahrzunehmen. Dies entschied das Bundessozialgericht (Aktenzeichen B 11 AL 4/19 R) im Fall eines Sozialleistungsempfängers der wegen einer Weiterbildungsmaßnahme umgezogen war und dadurch für das Jobcenter nicht erreichbar war.

Probleme mit Umschulung oder Weiterbildung mit Hartz IV? Kontaktieren Sie einen Anwalt

Um eine Umschulung oder Weiterbildung vom Jobcenter genehmigt zu bekommen, bedarf es einer guten fundierten Begründung. Ein Anwalt für Sozialrecht berät Sie an dieser Stelle mit seiner Fachkompetenz und Erfahrung. Zögern Sie nicht und nehmen Sie die Hilfe eines Experten in Ihrer Nähe in Anspruch!

Hartz IV – Umschulung und Weiterbildung: Häufige Fragen und Antworten

+ Welche Umschulungen bietet das Jobcenter an?

Die Umschulungsangebote vom Jobcenter und der Agentur für Arbeit finden Sie in deren Jobbörse.

+ Was tun, wenn der Antrag auf Umschulung abgelehnt wurde?

Gegen eine Ablehnung eines Antrags auf Umschulung kann Widerspruch eingelegt werden. Beachten Sie aber, dass es sich bei der Umschulung um eine Kann-Leistung des Jobcenters handelt. Es gibt keinen Anspruch auf eine Umschulungsmaßnahme für Hartz IV-Empfänger.

+ Wer erhält eine Weiterbildung?

Eine Weiterbildungsmaßnahme wird vom Jobcenter gefördert, wenn sie die Chancen auf Vermittlung in einen Job erhöht. Kann auch ohne Weiterbildung ein Job gefunden werden, wird diese in der Regel nicht genehmigt.

+ Kann man zu einer Weiterbildungsmaßnahme verpflichtet werden?

Ein Sozialleistungsempfänger kann aufgrund der mit dem Jobcenter getroffenen Eingliederungsvereinbarung zu Weiterbildungsmaßnahmen verpflichtet werden, wenn sich dadurch seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt erhöhen.

+ Wie hoch ist die Weiterbildungsprämie?

Die Weiterbildungsprämie beträgt insgesamt 2.500 Euro: Bei erfolgreich bestandener Zwischenprüfung gibt es 1.000 Euro, nach erfolgreicher Abschlussprüfung erhalten Sie weitere 1.500 Euro.


erstmals veröffentlicht am 23.12.2019, letzte Aktualisierung am 19.03.2021

Hilfe zur Anwaltssuche
Lesen Sie hier weitere Fachartikel im Themenbereich Sozialleistungen
Hier finden Sie bundesweit Rechtsanwälte für Sozialrecht

Datenschutzeinstellungen
anwaltssuche.de verwendet Cookies, um die Funktionsfähigkeit unserer Website zu gewährleisten. Außerdem setzen wir zur Weiterentwicklung unserer Website im Sinne der Nutzer zusätzliche Cookies ein. Mit dem Klick auf den Button „Cookies zulassen“ stimmen Sie der Verwendung der von uns für die genannten Zwecke eingesetzten Cookies zu. Über den Button „Einstellungen verwalten“ können Sie sich über die eingesetzten Cookies informieren und den Umfang Ihrer Einwilligung konfigurieren.