Sozialhilfe für Deutsche im Ausland?
Sozialhilfe unter Palmen? Nach dem deutschen Sozialrecht nur in Ausnahmefällen! Doch wann haben Deutsche, die im Ausland leben, einen Anspruch auf Sozialhilfeleistungen aus Deutschland? Wie kann man als Deutscher im Ausland Sozialleistungen beziehen? Wie viel Sozialhilfe gibt es? Und wie entscheiden die Gerichte im Einzelfall?
Wird Sozialhilfe an Deutsche im Ausland bezahlt?
Nach dem deutschen Sozialgesetz haben deutsche Staatsangehörige, die im Ausland leben, grundsätzlich keinen Anspruch aus Sozialhilfeleistungen aus Deutschland. Es gibt aber Ausnahmen, wenn eine außergewöhnliche Notlage vorliegt und nachweislich eine Rückkehr nach Deutschland für den hilfebedürftigen Betroffenen aus folgenden Gründen nicht möglich ist: Hoheitliche Gewalt, die Pflege und Erziehung eines Kindes, das aus rechtlichen Gründen im Ausland bleiben muss, eine längerfristige stationäre Betreuung in einer Einrichtung oder eine schwere Pflegebedürftigkeit.
Wie kann man als Deutscher Sozialhilfe im Ausland beziehen?
Im Ausland lebende Deutsche müssen einen Antrag auf Sozialhilfeleistungen stellen. Richtiger Ansprechpartner ist eine deutsche Auslandvertretung, wie etwa die Deutsche Botschaft oder das Deutsche Konsulat. Diese Stellen leiten den Antrag auf Sozialhilfe dann an den zuständigen Sozialhilfeträger in Deutschland weiter. Wird dem Antrag stattgegeben, erfolgt die Abwicklung der Zahlung von Sozialhilfeleistungen auch über die deutsche Vertretung im Ausland.
Wie viel Sozialhilfe erhalten Deutsche im Ausland?
Welche Art von Sozialleistungen Deutsche im Ausland erhalten und wie hoch diese sind, kann nicht pauschal beantwortet werden. Dies richtet sich ebenso wie der Einsatz von Vermögen und Einkommen nach den besonderen Verhältnissen im Aufenthaltsland.
Sozialhilfe für Deutsche im Ausland - So entscheiden die Gerichte im Einzelfall
Mehr als 4 Wochen im Ausland – keine Sozialhilfe aus Deutschland
Wer sich länger als vier Wochen im Ausland aufhält, verwirkt seinen Anspruch auf deutsche Sozialleistungen, entschied das Sozialgericht Heilbronn (Aktenzeichen S 3 SO 4120/17 ER). Kehrt der Sozialleistungsempfänger zurück nach Deutschland, kann er erneut Sozialleistungen beantragen.
Krankheitsfall bei Kindern im Ausland – Sozialamt muss zahlen
Werden Kinder mit deutscher Staatsangehörigkeit, die im Ausland leben, krank und geraten deshalb in eine außergewöhnliche Notlage, kann von ihnen nicht die Rückkehr nach Deutschland verlangt werden. In diesem Fall muss der Sozialhilfeträger die Kosten der Behandlung des Kindes im Ausland übernehmen, so das Bundessozialgericht (Aktenzeichen B 8 SO 5/16 R).
Pflege und Erziehung von Kind im Ausland – Notlage muss glaubhaft sein
Ein Deutscher, der in Thailand lebt und dort sein Kind pflegt und erzieht, muss für einen Anspruch auf Sozialhilfe aus Deutschland seine außergewöhnliche Notlage glaubhaft nachweisen. Gelingt ihm das nicht, kann er keine deutschen Sozialleistungen beanspruchen, so das Landessozialgericht Baden-Württemberg (Aktenzeichen L 2 SO 2138/11 ER-B).
Krankheitsfall: Deutscher in Thailand erhält keine Sozialhilfe
Ein Deutscher, der in Thailand lebt und an Krebs erkrankte, beantragte beim deutschen Sozialhilfeträger die Kostenübernahme seiner Behandlungskosten für eine Chemotherapie. Die Chemo-Behandlung hatte der Mann in Thailand durchführen lassen, weil er sich dort um seinen Sohn kümmern musste.
Das Landessozialgericht Baden-Württemberg (Aktenzeichen L 7 SO 5106/07) lehnte die Kostenübernahme der Behandlungskosten durch den deutschen Sozialhilfeträger ab. Es verwies darauf, dass Deutsche im Ausland grundsätzlich keinen Anspruch auf deutsche Sozialhilfeleistungen hätten. Eine Ausnahme werde nur dann gemacht, wenn eine außergewöhnliche Notlage, die mindestens zwei Monate andauere, vorliege und es dem Deutschen nicht möglich sei nach Deutschland zurück zu kehren. Dies habe der Mann im zu entscheidenden Fall nicht nachweisen können.
Aufhebung des Einreiseverbots: Keine Sozialhilfe mehr für deutsche Familie in Italien
Eine deutsche Familie mit vier Kindern, die in Süditalien lebt, erhält keine weiteren Sozialhilfebezüge aus Deutschland, entschied das Landessozialgericht Baden-Württemberg (Aktenzeichen L 2 SO 56/15). Die in Italien lebende Familie hatte Sozialhilfe aus Deutschland erhalten, weil ein Einreiseverbot nach Deutschland für den Familienvater bestand. Das Einreiseverbot, was ausnahmsweise die Zahlung von Sozialhilfe an Deutsche im Ausland berechtigt, war aber zwischenzeitlich aufgehoben worden. Damit fällt auch die Anspruchsberechtigung auf Sozialleistungen weg, so das Gericht.
erstmals veröffentlicht am 09.07.2015, letzte Aktualisierung am 20.04.2021
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