anwaltssuche
Suche
Kategorie: Anwalt Arbeitsrecht ,
07.10.2024 (Lesedauer ca. 4 Minuten, 734 mal gelesen)
Stern Stern Stern Stern Stern grau 4.1 / 5 (59 Bewertungen)

Lohn oder Gehalt nicht gezahlt: Was Du jetzt tun musst!

Frau zeigt ihren leeren Geldbeutel Frau zeigt ihren leeren Geldbeutel © freepik - mko

Wenn der Arbeitgeber den Lohn oder das Gehalt nicht zahlt, ist das für Arbeitnehmer eine ernste Situation, schließlich müssen sie ihren monatlichen laufenden finanziellen Verpflichtungen, wie Miete oder den allgemeinen Lebensunterhalt, nachkommen. Wie sollten Arbeitnehmer vorgehen, wenn der Chef den Lohn nicht zahlt? Und was muss man unbedingt bei Lohnstundungen, - reduzierungen oder bei Lohnverzicht beachten?

1. Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen!


Bevor rechtliche Schritte eingeleitet werden, sollten Arbeitnehmer zunächst den direkten Dialog mit ihrem Arbeitgeber suchen. Manchmal gibt es nachvollziehbare Gründe für die Verzögerung, wie technische Probleme in der Buchhaltung oder Zahlungsprobleme mit einem Geschäftspartner. Ein klärendes Gespräch kann die Situation oft schnell und unkompliziert lösen.

Falls ein Betriebsrat im Unternehmen existiert, kann dieser bei Konflikten und Problemen rund um die Lohnzahlung eine Vermittlerrolle einnehmen.

Bleibt das Gespräch fruchtlos, empfiehlt es sich den Arbeitgeber schriftlich an die Lohnzahlung zu erinnern.

2. Mahnung mit Fristsetzung aussprechen!


Bleibt auch die schriftliche Zahlungserinnerung ohne Erfolg, ist der nächste Schritt die Zahlung des Lohns anzumahnen. Dies sollt aus Beweisgründen immer schriftlich erfolgen, am besten mit einem Einwurfeinschreiben. In der Mahnung muss die genaue fällige Lohnzahlung aufgeführt sein und eine Frist gesetzt werden, bis wann die Nachzahlung erfolgen muss.

Die Zahlung von Lohn oder Gehalt ist eine Hauptpflicht des Arbeitgebers aus dem Arbeitsvertrag. In den meisten Arbeitsverträgen – oder Tarifverträgen - ist ein bestimmter kalendarischer Monatstag als Termin für den fälligen Arbeitslohn vereinbart. Ist der Arbeitslohn an diesem Termin nicht, oder nicht vollständig, auf dem Konto des Arbeitnehmers, befindet sich der Arbeitgeber automatisch im Verzug. Gibt es keinen fest vereinbarten Termin muss das Geld am ersten eines jeden Monats beim Arbeitnehmer angekommen sein.
In der Mahnung sollte auch stehen, dass der Arbeitnehmer bei Nichteinhaltung der Frist rechtliche Schritte einleiten wird.

3. Arbeit einstellen – Leistungsverweigerungs- und Zurückbehaltungsrecht ausüben!


Bei Lohnrückständen kann der Arbeitnehmer sein Zurückbehaltungsrecht ausüben, das heißt er stellt seine Arbeit für die Dauer des Lohnverzugs ein. Die Arbeitsleistung wird nicht mehr erbracht, damit der Arbeitnehmer nicht noch mehr ohne spätere Vergütung arbeitet. Der Arbeitgeber muss in diesem Fall für die Dauer des Zurückbehaltungsrechts weiter Lohn zahlen.

Doch Vorsicht: Bei einem nur geringen Lohnrückstande darf der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nicht einfach verweigern, wenn die Zahlungsverzögerung nur kurzfristig ist und dem Arbeitgeber ein großer Schaden durch die Arbeitsverweigerung des Arbeitnehmers entsteht, entschied das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (Az. 5 Sa 202/04).

Das Arbeitsgericht Cottbus (Az. 6 Ca 1376/11) hält bei einem Lohnrückstand von zwei Bruttomonatseinkommen eine Arbeitsverweigerung des Arbeitnehmers für zulässig.

Bleibt der Arbeitgeber dauerhaft im Zahlungsverzug, kann dies auch ein Grund für eine fristlose Kündigung durch den Arbeitnehmer sein. Die Lohnrückstände müssen dann aber erheblich sein, also sollten mindestens zwei Gehälter betragen. Zudem muss der Arbeitnehmer den Arbeitgeber zuvor abgemahnt haben.

4. Lohn einklagen!


Ein Arbeitnehmer kann Lohnrückstände jederzeit vor einem Arbeitsgericht einklagen. Ob er allerdings sofort den Gerichtsweg bestreiten sollte oder nicht, hängt individuell von den Gesamtumständen ab. Wichtig: Vor der Klage ist es oft sinnvoll, eine sogenannte Güteverhandlung anzustreben, in der ein Vergleich mit dem Arbeitgeber versucht wird, um eine gerichtliche Auseinandersetzung zu vermeiden.

Ist das Unternehmen finanziell an sich gesund und es bleibt nur eine Lohnzahlung aus, könnte der Arbeitnehmer zwar klagen – das Verhältnis zu seinem Arbeitgeber wäre aber stark beeinträchtigt. Anders sieht es aus, wenn mehrere Lohnzahlungen nicht erfolgt sind und das Unternehmen vor einer Insolvenz steht. In diesem Fall sollte sofort geklagt werden.

Die Lohnklage kann ohne Anwalt eingereicht werden, aber es ist ratsam, sich in komplizierteren Fällen von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten zu lassen. Das Verfahren am Arbeitsgericht ist für Arbeitnehmer in der ersten Instanz kostenlos, es fallen jedoch Anwaltskosten an, wenn man einen Rechtsbeistand hinzuzieht.

5. Schadensersatz vom Arbeitgeber fordern!


Neben der ausstehenden Lohnzahlung hat der Arbeitnehmer auch einen Anspruch auf Verzugszinsen und Schadensersatz.
Wenn der Arbeitgeber in Zahlungsverzug gerät, ist er verpflichtet, Verzugszinsen auf den ausstehenden Lohn zu zahlen.
Außerdem kann der Arbeitgeber für zusätzliche Kosten haftbar gemacht werden, die durch die verspätete Zahlung entstanden sind. Das können etwa die Folgen einer Kündigung eines Stromliefervertrags oder Mahnkosten von anderen Gläubigern sein.

6. Arbeitslosengeld beantragen!


Befindet sich ein Arbeitgeber mit der Lohnzahlung im Rückstand und verweigert der Arbeitnehmer aufgrund seines Zurückbehaltungsrechts seine Arbeit, ist er faktisch arbeitslos. Er kann in diesem Fall auch Arbeitslosengeld I beim zuständigen Arbeitsamt beantragen, ohne dass das Arbeitsverhältnis gekündigt wird. Mit der Gewährung von Arbeitslosengeld I geht der Lohnanspruch auf das Arbeitsamt über und kann von ihm beigetrieben werden.

7. Vorsicht bei Lohnreduzierungen, Lohnverzicht oder Stundungen!


Kommt es zu Lohnrückständen versuchen Arbeitgeber in vielen Fällen dem Arbeitnehmer ein Einverständnis abzuringen den ausstehenden Lohn zu stunden, vorrübergehend zu reduzieren oder gar komplett auf den Lohn zu verzichten. Sie begründen ihr Anliegen mit einer ansonsten bevorstehenden Insolvenz und einem damit verbunden Verlust des Arbeitsplatzes. Wer seinem Arbeitgeber mit einer Stundung des Lohns entgegenkommen will, sollte diese Stundung unbedingt zeitlich begrenzen. Bei einer Lohnreduzierung oder einem Lohnverzicht sollten immer die Konsequenzen für die Berechnungen eines späteren Arbeitslosengelds oder Insolvenzausfallgeldes bedacht werden. Lassen Sie sich von einem erfahrenen Anwalt für Arbeitsrecht beraten, welche finanziellen und rechtlichen Auswirkungen ein Entgegenkommen auf Ihren Arbeitgeber für Sie hat.


erstmals veröffentlicht am 25.04.2017, letzte Aktualisierung am 07.10.2024

Hilfe zur Anwaltssuche
Lesen Sie hier weitere Fachartikel im Themenbereich Arbeitsrecht
Hier finden Sie bundesweit Rechtsanwälte für Arbeitsrecht

Datenschutzeinstellungen
anwaltssuche.de verwendet Cookies, um die Funktionsfähigkeit unserer Website zu gewährleisten. Außerdem setzen wir zur Weiterentwicklung unserer Website im Sinne der Nutzer zusätzliche Cookies ein. Mit dem Klick auf den Button „Cookies zulassen“ stimmen Sie der Verwendung der von uns für die genannten Zwecke eingesetzten Cookies zu. Über den Button „Einstellungen verwalten“ können Sie sich über die eingesetzten Cookies informieren und den Umfang Ihrer Einwilligung konfigurieren.