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Kategorie: Anwalt Strafrecht ,
09.09.2024 (Lesedauer ca. 6 Minuten, 9997 mal gelesen)
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Waffenschein/Waffenbesitzkarte: Wann droht der Entzug?

Waffenschein/Waffenbesitzkarte: Wann droht der Entzug? © freepik - mko

Waffenmissbrauch, Nötigung im Straßenverkehr oder Mitglied in einer verfassungsfeindlichen Gruppe : Aus welchen Gründen kann nach dem deutschen Waffenrecht ein Waffenschein oder eine Waffenbesitzkarte entzogen werden? Und welche Waffen darf man auch ohne Waffenschein oder Waffenbesitzkarte mit sich führen?

Was ist der Unterschied zwischen einem Waffenschein und einer Waffenbesitzkarte?


Waffenschein und Waffenbesitzkarte werden umgangssprachlich fälschlicherweise oft gleichgestellt.
Beim Waffenschein gibt es den Großen und den Kleinen Waffenschein. Der Große Waffenschein berechtigt den Inhaber zum Führen erlaubnispflichtiger Waffe – wie scharfe Schusswaffen – in der Öffentlichkeit. Er ist vorwiegend Polizisten, Zollbeamten oder Werttransportunternehmen oder Bewachungsfirmen vorbehalten.

Der Kleine Waffenschein berechtigt den Inhaber außerhalb seiner Wohnung, seines Grundstücks oder einer Schießstätte eine Schreckschuss- oder Reizstoffwaffe zu führen.

Alle Informationen zum Kleinen Waffenscheins finden Sie in unserem Rechtstipp „Kleiner Waffenschein, Schreckschusswaffen & Pfefferspray: Was gilt?“.

Wichtig: Der Waffenschein berechtigt nur zum Führen der Waffe, nicht zum Besitz. Dafür ist eine Waffenbesitzkarte erforderlich.
Die Waffenbesitzkarte berechtigt ihren Inhaber eine Waffe zu kaufen und zu besitzen. Auch für den Erwerb von Munition ist eine Waffenbesitzkarte notwendig.

Unter welchen Voraussetzungen erhält man einen Waffenschein?


Die Voraussetzungen um in Deutschland einen Waffenschein zu erhalten, werden durch das deutsche Waffenrecht geregelt. Für den Erhalt eines Waffenscheins müssen Antragsteller folgende Voraussetzungen erfüllen:

• Der Antragsteller muss mindestens 18 Jahre alt sein.

• Ein wesentlicher Faktor für die Erteilung eines Waffenscheins ist die sogenannte waffenrechtliche Zuverlässigkeit. Diese wird von den Behörden geprüft, indem sie u.a. Einträge im polizeilichen Führungszeugnis überprüft. Personen mit Vorstrafen oder Anzeichen dafür, dass sie unzuverlässig im Umgang mit Waffen sein könnten, erhalten keinen Waffenschein.

• Die persönliche Eignung wird in Bezug auf körperliche und geistige Gesundheit geprüft. Personen, die psychische Erkrankungen oder Alkohol- bzw. Drogenprobleme haben, gelten in der Regel als nicht geeignet.

• Der Antragsteller muss nachweisen, dass er die notwendige Sachkunde im Umgang mit Waffen besitzt. Dies erfolgt durch die erfolgreiche Teilnahme an einer speziellen Waffensachkundeschulung, bei der unter anderem Kenntnisse über das Waffenrecht, die sichere Handhabung von Waffen und die Waffentechnik vermittelt werden.

• Wichtig: Das deutsche Waffenrecht verlangt, dass der Antragsteller ein „berechtigtes Interesse“, also Bedürfnis, nachweisen kann. Für Privatpersonen ist es äußerst schwierig, ein solches Bedürfnis zu begründen. Typische Fälle, in denen ein Waffenschein erteilt werden kann, betreffen Sicherheitsdienste, Geldtransporteure oder Personen, die in besonderem Maße gefährdet sind, wie z. B. Juweliere oder Politiker. Ein allgemeines Bedürfnis für den Selbstschutz reicht normalerweise nicht aus.

• Wer einen Waffenschein beantragen möchte, muss auch eine spezielle Haftpflichtversicherung abschließen, die Schäden abdeckt, die durch den Umgang mit Waffen verursacht werden könnten.

In welchen Fällen kann ein Waffenschein oder eine Waffenbesitzkarte entzogen werden?


Der Waffenschein oder die Waffenbesitzkarte kann nach Regelungen des Waffengesetzes auch entzogen werden, wenn dem Inhaber die erforderliche Zuverlässigkeit fehlt.

Nach rechtskräftiger Verurteilung


Wer wegen eines Verbrechens oder einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wurde, fehlt nach dem Waffenrecht die erforderliche Zuverlässigkeit. So wurde bei einem Waffenbesitzer, der wegen vorsätzlichem Nachstellen (Stalken) zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde, die Waffenbesitzkarte für seine sechs Waffen zu Recht widerrufen, entschied das Verwaltungsgericht (VG) Koblenz (Az. 1 K 770/16.KO).

Des Weiteren muss man nach dem deutschen Waffengesetz mit dem Widerruf seines Waffenscheins oder seiner Waffenbesitzkarte rechnen, wenn man wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Geldstrafe von mindestens 60 Tagessätzen rechtskräftig verurteilt wurde oder mindestens zweimal zu einer geringeren Geldstrafe rechtskräftig verurteilt wurde.

So etwa ein Sportschütze, der wegen Nötigung im Straßenverkehr rechtskräftig verurteilt worden war. Er ist laut VG Neustadt/Weinstraße (Az. 5 K 72/17.NW) waffenrechtlich unzuverlässig.

Bei missbräuchlichem Umgang mit Waffen


Sprechen Gründe dafür, dass der Inhaber eines Waffenscheins oder einer Waffenbesitzkarte leichtfertig oder missbräuchlich mit seinen Waffen oder mit Munition umgeht, fehlt bei ihm ebenfalls die notwendige Zuverlässigkeit. Gleiches gilt, wenn er Waffen oder Munition unberechtigten Dritten zur Verfügung stellt.

Waffen gehören laut einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Rheinland-Pfalz (Az. 7 A 10715/13.OVG) nicht unter die Matratze, sondern in den Waffenschrank. Wer sich daran nicht hält, verliert seine Waffenbesitzkarte.

Der Schlüssel zum Waffenschrank darf nicht einfach irgendwo rumliegen, sondern muss in einem Behältnis aufbewahrt werden, dass den gesetzlichen Sicherheitsanforderungen an die Aufbewahrung der Waffen und Munition entspricht, so das OVG Nordrhein-Westfalen (Az. 20 A 2384/20).

Wer seine geladene Waffe auf dem Nachtisch liegen hat, ist ebenfalls unzuverlässig im Sinne des Waffenrechts. Der Entzug der Waffenerlaubnis ist in diesem Fall angebracht, so das VG Bremen (Az. 2 V 396/23).

Gleiches droht, wenn man die Waffen nicht im Waffenschrank aufbewahrt, sondern einfach frei zugänglich im Haus liegen lässt, so das VG Neustadt (Az. 5 K 80/20.NW).

Laut Bayerischem Verwaltungsgerichtshof (Az. 24 CS 21.2636) ist jemand auch waffenrechtlich ungeeignet, wenn er seine Waffen einfach ungesichert auf dem Rücksitz seines Autos transportiert.

Auch ein Lehrer, der eine Schreckschusspistole mit in den Unterricht bringt und Schüler überlässt, muss aufgrund seiner waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit mit dem Widerruf seiner waffenrechtlichen Erlaubnis rechnen, so das VG Düsseldorf (Az. 22 K 6330/21).
Ungeeignet im Sinne des Waffenrechts ist auch ein Waffenbesitzer, der seine Waffe per Karton mit DHL versendet, so das Bayerische VGH (Az. 24 CS 23.318).

Bei Mitgliedschaft in verbotenen oder verfassungswidrigen Verein/Partei/Gruppierung


Der Waffenschein oder die Waffenbesitzkarte können auch wegen mangelnder Zuverlässigkeit entzogen werden, wenn jemand Mitglied in einem verbotenen Verein oder einer verfassungswidrigen Partei ist. Der Entzug der Waffenerlaubnis droht auch, wenn Tatsachen zeigen, dass eine Person Bestrebungen gegen die verfassungsmäßige Ordnung verfolgt.

Eine Mitgliedschaft in der NPD kann den Entzug des Waffenscheins oder einer Waffenbesitzkarte rechtfertigen, stellt das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) (Az. 6 C 9.18) fest, da die NPD Bestrebungen gegen die verfassungsmäßige Ordnung verfolgt. Auch die Kandidatur für die NPD bei einer Kommunalwahl reicht laut VG Gießen (Az. 9 L 1982/18.GI) für die Annahme einer waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit aus.

Nach einer Entscheidung des VG Schleswig-Holstein (Az. 7 A 279/23) kann der Waffenschein entzogen werden, wenn sein Besitzer mehrmals an dem rechtsextremen Festival „Schild & Schwert“ teilgenommen hat.

Für das VG Gießen (Az. 9 L 280/24) hingegen ist allein die Tatsache ein Rechtsextremist zu sein kein ausreichendes Argument für eine waffenrechtliche Unzuverlässigkeit.

Die Partei „Der III. Weg“ verfolgt laut VG Cottbus (Az.3 L 306/21) verfassungsfeindliche Ziele. Einem Fördermitglied dieser Partei fehlt es damit an der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit. Gleiches gilt laut VG Köln (Az. 20 L 1777/22 und 20 L 1784/22) für Mitglieder von "Aufbruch Leverkusen". Für den Bayerischen VGH (Az. 24 CS 23.650) kann einem Mitglied der Partei „Heimat“ aufgrund der Unterstützung einer verfassungsfeindlichen Organisation der Waffenschein entzogen werden.

Nach Ansicht des VG Köln (Az. 20 L 1131/24) reicht eine Teilhabe an dem zwischenzeitlich verbotenen rechtsrextremen Compact-Magazin für waffenrechtliche Unzuverlässigkeit aus.

Reichsbürger sind laut VG Cottbus (Az.3 L 343/21) auch als verfassungsfeindlich einzustufen und damit waffenrechtlich unzuverlässig. Anders sieht das das VG Gießen (Az. 2 K 540/14 Ge) wonach nur die Haltung, dass man die Bundesrepublik Deutschland nicht anerkennt für einen Entzug der Waffenerlaubnis nicht ausreicht.

Wer an einer Demonstration des sog. „Schwarzen Blocks“ teilnimmt, muss mit dem Entzug seiner waffenrechtlichen Erlaubnis rechnen, so das VG Schleswig-Holstein (Az. 7 A 111/22).

Das VG Minden (Az. 8 K 1220/15) erklärte den Entzug einer Waffenbesitzkarte eines Anhängers der salafistischen Szene, der an entsprechenden Veranstaltungen teilgenommen hatte, für rechtens. Ein Motiv des Mannes seine Waffe zur Durchsetzung seiner Ideologie benutzen zu wollen, ist laut Gericht für den Entzug der Waffenbesitzkarte nicht notwendig. Mit einem Waffenverbot muss auch derjenige rechnen, der in seinem Facebook-Account Propagandamaterial des sog. Islamischen Staats (IS) verbreitet, entschied das VG Braunschweig (Az. 5 A 193/16).

Aber auch Mitglieder einer Rockergruppe gelten laut VG Karlsruhe (Az. 12 K 5670/16) als waffenrechtlich unzuverlässig. Dafür ist es laut Gericht nicht notwendig, dass der Rocker strafrechtlich oder waffenrechtlich aufgefallen ist. So sieht das auch das VG Osnabrück (Az. 6 B 56/15, 6 B 57/15 und 6 B 58/15) und entzog einem mutmaßlichen Mitglied der Rockergruppierung Gremium MC Osnabrück sämtliche waffenrechtliche Erlaubnisse.

Aus folgenden weiteren Gründen


Der Entzug der waffenrechtlichen Erlaubnis droht einem Jäger, der an sein Gewehr eine Taschenlampe schraubt und somit eine verbotene Waffe baut, so das VG Schwerin (Az.3 A 807/22 SN).

Auch das Schießen mit Platzpatronen auf Haustauben rechtfertigt den Widerruf der Waffenbesitzkarte, so das VG Karlsruhe (Az. 10 K 6804/19).

Unzuverlässig im Sinne des Waffenrechts handelt auch derjenige, der seine Waffe unter Alkoholeinfluss benutzt, so das Bundesverwaltungsgericht (Az. 6 C 30.13).

Wer andere im Straßenverkehr mit riskanten Fahrmanövern nötigt, muss auch mit dem Entzug seines Waffenscheins rechnen, so das VG Neustadt/Weinstraße (Az. 5 K 72/17.NW).

Welche Waffen darf man ohne Waffenbesitzkarte besitzen?


Ohne Waffenbesitzkarte sind SRS-Waffen (Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen), sowie Luftdruck-, Federdruck- und CO2-Waffen erlaubt. Voraussetzung ist, dass sie das PTB-Zulassungszeichen besitzen.

Zu den erlaubnisfreien Waffen gehören etwa, Hieb- und Stoßwaffen, Armbrust, geprüfte Elektroschockgeräte, Pfefferspray oder auch Schusswaffen, die unbrauchbar gemacht wurden.



erstmals veröffentlicht am 03.03.2023, letzte Aktualisierung am 09.09.2024

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