Welche Rechte haben Passagiere bei Flugausfall?
Schlechtes Wetter, Streiks oder Klimakleber: Es gibt viele Gründe, warum ein Flug ausfallen kann. Doch welche Ansprüche stehen Passagieren bei Flugausfall gegenüber der Fluggesellschaft zu? Kann eine Airline für eine Umbuchung eines annullierten Fluges Gebühren verlangen? Und wie können Fluggäste ihre Rechte gegenüber der Airline bei Flugausfall geltend machen?
- In welchen Fällen können Passagiere bei Flugausfall Ansprüche gegenüber der Airline geltend machen?
- Welche Ansprüche haben Passagiere bei Flugausfall?
- Kann eine Airline für eine Umbuchung eines annullierten Fluges Gebühren verlangen?
- Wie können Fluggäste ihre Rechte gegenüber der Airline bei Flugausfall geltend machen?
In welchen Fällen können Passagiere bei Flugausfall Ansprüche gegenüber der Airline geltend machen?
Wird ein Flug gestrichen, können den Passagieren Ansprüche nach der Europäischen Fluggastrechteverordnung gegenüber der Airline zustehen, wenn es sich um einen Flug innerhalb der Europäischen Union handelt und der Passagier eine entsprechende Flugbestätigung vorlegen kann. Die Fluggesellschaft muss aber keine Entschädigung zahlen, wenn der Flug wegen eines Umstandes ausfällt, den sie nicht zu vertreten hat. Wann dies der Fall ist, wird oft vor Gericht entschieden:
Flugausfall wegen Erkrankung oder Tod von Flugpersonal
Wird ein Flug annulliert, weil ein unverzichtbarer Mitarbeiter, wie der Copilot, gestorben oder erkrankt ist, können Fluggäste eine Entschädigung von der Airline verlangen, so der Europäische Gerichtshof (EuGH) (Az. C-156/22). Der Tod des Copiloten sei kein außergewöhnlicher Umstand. Die Fluggesellschaft muss mit Ausfällen von unverzichtbaren Mitarbeitern rechnen.
Flugausfall wegen fehlendem Enteisungsmittel
Kann ein Flug nicht angetreten werden, weil Enteisungsmittel fehlt, muss die Airline Entschädigungen an die Fluggäste zahlen. Fehlendes Enteisungsmittel für Flugzeuge ist kein außergewöhnlicher Umstand im Sinne der EU-Fluggastrechteverordnung, so das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) (Az. 2 U 3/13). Eine Airline müsse dafür sorgen, dass alle Betriebsmittel für den Einsatz der Flugzeuge vorhanden sind – dazu zählt auch Enteisungsmittel.
Flugausfall wegen Streik
Fällt ein Flug wegen eines Generalstreiks aus, können die Passagiere keine Entschädigungsanspräche geltend machen, weil es sich dabei laut Bundesgerichtshof (BGH) (Az. X ZR 104/13) um einen außergewöhnlicher Umstand nach der Europäischen Fluggastrechteverordnung handelt, der von der Fluggesellschaft nicht zu beeinflussen ist.
Aber: Streikt das Flugpersonal um Gehaltsforderungen durchzusetzen, ist das für die Fluggesellschaft kein außergewöhnlicher Umstand, so der EuGH (Az. C-28/20). In dem Fall kann der Fluggast bei Flugausfall eine Entschädigung von der Fluggesellschaft verlangen.
Flugausfall wegen Nebel
Kommt es aufgrund von Nebel zu einer Annullierung eines Fluges, hat der Flugreisende keinen Anspruch auf Ausgleichzahlungen, so der BGH (Az. Xa ZR 96/09). Es handelt sich um einen außergewöhnlichen Umstand, der nicht durch die Airline zu beherrschen war.
Welche Ansprüche haben Passagiere bei Flugausfall?
Bei einem Flugausfall haben Passagiere auf jeden Fall einen Anspruch auf die Rückerstattung ihres Flugtickets bzw. auf eine Ersatzbeförderung. Fluggäste können zusätzlich noch eine Entschädigung von der Fluggesellschaft verlangen, wenn die Flugannullierung zwischen sieben und 13 Tagen vor dem Abflugtermin erfolgte und ein Ersatzflug mehr als zwei Stunden vor dem ursprünglichen Flug startet oder mehr als 4 Stunden später ans Reiseziel kommt. Bei einer Flugannullierung von weniger als sieben Tagen, haben Fluggäste einen Anspruch auf Entschädigung, wenn der Ersatzflug mehr als eine Stunde vor dem gebuchten Flug startet und mehr als zwei Stunden später am Reiseziel eintrifft.
Annulliert eine Fluggesellschaft die erste Teilstrecke eines Fluges muss sie dem Fluggast die Kosten für den gesamten Hin- und Rückflug erstatten, entschied der BGH (Az. X ZR 91/22).
Aufgepasst: In Fällen wie schlechtem Wetter, Sicherheitsrisiken oder politischen Unruhen gelten außergewöhnliche Umstände. Unter diesen Umständen sind die Fluggesellschaften zwar weiterhin verpflichtet, Betreuungsleistungen und eine Umbuchung oder Rückerstattung anzubieten, sie sind jedoch von der Zahlung einer Entschädigung befreit.
Kann eine Airline für eine Umbuchung eines annullierten Fluges Gebühren verlangen?
Gebühren für eine Umbuchung bei einem annullierten Flug sind nicht erlaubt, so der BGH (Az. X ZR 50/22). Fluggäste dürfen nach einem annullierten Flug flexibel umbuchen und selbst bestimmen, wann sie einen kostenlosen Ersatzflug in Anspruch nehmen.
Wie können Fluggäste ihre Rechte gegenüber der Airline bei Flugausfall geltend machen?
Passagiere können bei einem Flugausfall ihre Ansprüche nach der Europäischen FluggastrechteVO direkt bei der Fluggesellschaft einreichen. Sollte dies nicht erfolgreich sein, empfiehlt es sich die Unterstützung eines Anwalts einzuholen. Die Kosten für den Anwalt zur außergerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche muss laut BGH (Az. X ZR 97/19) die Fluggesellschaft tragen.
Das LG Köln (Az.11 S 265/17) entschied im Fall einer kurzfristigen Flugannullierung ebenfalls, dass die Airline die außergerichtlichen Anwaltskosten erstatten muss. Laut Gericht war die Beauftragung des Anwalts notwendig, da die Airline keine schriftlichen Informationen über die Fluggastrechte ausgehändigt hatte. Ein Aushang am Flughafen reiche dafür nicht.
Es gibt auch spezialisierte Dienstleister, die Passagieren helfen, ihre Ansprüche gegenüber den Fluggesellschaften geltend zu machen. Dafür müssen Flugreisende ihre Ansprüche wegen Flugausfall meist an diese Dienstleister abtreten. Dies ist laut das LG Nürnberg-Fürth (Az. 5 S 8340/17) erlaubt, auch wenn die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Airlines dies untersagen. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Fluggesellschaften, die dies nicht erlaubten, seien insoweit unwirksam, weil sie eine unangemessene Benachteiligung des Fluggastes darstellen.
Aber: Wenn der Fluggast seine Ansprüche gegenüber der Airline an ein Fluggastrechteportal abtritt und dies gegenüber der Airline anzeigt, muss die Rückzahlung des Ticketpreises an das Portal erfolgen, so das Amtsgericht (AG) Bremen (Az. 9 C 321/20).
Wichtig: Flugreisende können bei einer Annullierung ihres Fluges die Rückerstattung ihres Flugtickets auch gegenüber einer Fluggesellschaft einklagen, die sich in einem Insolvenzverfahren befindet. Dies entschied das AG Frankfurt/Main (Az. 31 C 2352/20 (15)) und stellt klar, dass die Fluggäste nicht primär auf das Insolvenzverfahren hinzuweisen sind.
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