Autokauf: Wann ist ein Auto ein Neufahrzeug?
Rund drei Millionen Autos werden pro Jahr in Deutschland von Autohändlern an ihre Kunden verkauft. Beim Autokauf stellen sich für den Käufer viele Fragen: Wann gilt ein Auto als Neufahrzeug bzw. als Gebrauchtwagen? Was versteht man unter "fabrikneu"? Worauf muss man beim Kauf eines Jahres- oder eines Vorführwagens achten? Und was können Autokäufer tun, wenn sich ein Auto nach dem Kauf als doch nicht mehr so ganz neu entpuppt?
- Wann gilt ein Auto beim Kauf als Neuwagen?
- Wann ist ein Auto beim Kauf ein Gebrauchtwagen?
- Was gilt beim Autokauf für Jahreswagen?
- Was muss bei Vorführwagen beim Autokauf beachtet werden?
- Was bedeutet Tageszulassung beim Autokauf?
- Was tun, wenn sich nach dem Autokauf Mängel oder Schäden am Neuwagen zeigen?
Wann gilt ein Auto beim Kauf als Neuwagen?
Wer beim Autokauf einen Neuwagen erwirbt, hat einen Anspruch auf ein fabrikneues Fahrzeug ohne Vorbesitzer. Fabrikneu ist ein Auto, wenn zwischen Herstellung und Abschluss des Kaufvertrages nicht mehr als 12 Monate vergangen sind, so der Bundesgerichtshof (BGH) (Az. VIII ZR 227/02), und zwischenzeitlich kein Modellwechsel erfolgt ist sowie keine Mängel aufgrund der Standzeit beim Händler entstanden sind.
Entscheidend für die 12-Monats-Frist beim Autokauf ist nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm (Az. 28 U 140/15) das Datum des Kaufvertrages. So kann ein Mercedes CL 500, der im Jahr 2011 produziert wurde, auch im Jahr 2012 noch als Neuwagen vom Autohändler verkauft werden, wenn das Auto im September 2011 produziert wurde und der Autokaufvertrag Ende September 2012 zustande kam.
Wird das Auto im Kaufvertrag als "fabrikneu" bezeichnet, ist dies ein Beschaffenheitsmerkmal mit Auswirkungen auf mögliche Gewährleistungsansprüche.
Wurde ein Auto als fabrikneu verkauft und es stellt sich im Nachhinein heraus, dass der Tank des Fahrzeugs um 50 Prozent kleiner ist, als andere Autos dieser Modellreihe zum Verkaufszeitpunkt aufweisen, handelte es sich nicht mehr um einen Neuwagen, so das OLG Köln (Az. 22 U 180/04).
Weist ein Auto, das als Ausstellungsstück beim Händler gestanden hat, aber nicht von Kunden gefahren wurde, Kratzer, kleinere Dellen und Abschürfungen auf, kann dieses Fahrzeug nicht mehr als Neuwagen bezeichnet werden, entschied das Amtsgericht (AG) München (Az. 271 C 8389/21). Ein Neuwagen dürfe nicht nur "nicht zugelassen und gefahren" sein, sondern dürfe auch ansonsten keine Gebrauchsspuren durch eine anderweitige Benutzung, wie als Ausstellungsstück, haben.
Wann ist ein Auto beim Kauf ein Gebrauchtwagen?
Sobald ein Auto bei der Kfz-Stelle zugelassen wird und damit einen Vorbesitzer hat, ist es streng genommen ein Gebrauchtwagen. Aber auch Fahrzeuge ohne Erstzulassung werden als Gebrauchtwagen bezeichnet, wenn sie mehr als zwei Jahre alt sind.
Das OLG Hamm (Az. 9 U 5/18) hat klargestellt, dass ein Auto mit einer Laufleistung von rund 3.300 km, dass ungefähr sechs Wochen zum Straßenverkehr zugelassen wurde, nicht mehr als Neuwagen verkauft werden darf. Unter Berücksichtigung der technischen Entwicklung und wirtschaftlichen Betrachtung sei ein solches Fahrzeug nicht mehr mit dem Schmelz der Neuwertigkeit behaftet.
Was gilt beim Autokauf für Jahreswagen?
Bei einem Jahreswagen handelt es sich streng genommen auch um einen Gebrauchtwagen. Als Jahreswagen darf ein Auto nur bezeichnet werden, wenn zwischen Herstellung und Erstzulassung kein längerer Zeitraum als 12 Monate liegt, so der BGH (Az. VIII ZR 180/05). Hierbei handelt es sich meist um Fahrzeuge, die von Werksangehörigen großer Autohersteller gefahren werden und deren Erstzulassung meist weniger als 12 Monate zurückliegt. Jahreswagen sind neuwertige Fahrzeuge, die möglicherweise Gebrauchspuren aufweisen, aber oft zu guten Konditionen verkauft werden.
Mit der Bezeichnung „Jahreswagen“ werden beim Autokauf bestimmte Vorstellungen im Hinblick auf die Qualität beim Kaufinteressenten hervorgerufen. Aus diesem Grund muss ein Händler bei der Werbung mit einem Jahreswagen darauf hinweisen, dass dieser als Mietwagen eingesetzt wurde, so das OLG Oldenburg (Az. 1 U 75/10).
Außerdem muss der Käufer bei einem Verkauf eines Jahreswagens über die Anzahl der Vorbesitzer und die Art des Vorbesitzes aufgeklärt werden, so das OLG Hamm (Az. I-4 U 101/10).
Was muss bei Vorführwagen beim Autokauf beachtet werden?
Vorführwagen dürfen nicht als Neuwagen verkauft werden. Sie wurden bereits auf den Händler zugelassen und in der Regel für Probefahrten von Kunden genutzt. Auch wenn Vorführwagen meist schnell wieder veräußerst werden, kann ein Kunde nicht davon ausgehen, dass er einen Neuwagen erwirbt, stellt der BGH (Az. VIII ZR 61/09) klar.
Wichtig: Auch beim Verkauf eines Vorführwagens muss der Händler Angaben zum Kraftstoffverbrauch machen, so ebenfalls der BGH (Az. I ZR 190/10).
Was bedeutet Tageszulassung beim Autokauf?
Bei einer Tageszulassung hat der Händler das Auto für einen oder mehrere Tage zugelassen. Das Auto weist einen Kilometerstand kurz über null an und ist aus dem Bestand des Händlers sofort verfügbar.
Unter einer Tageszulassung versteht man ein Auto, das von einem Händler für einen oder auch mehrere Tage zugelassen wird. Es handelt sich um ein sofort verfügbares Lagerfahrzeug, dessen Kilometerstand weniger als 10 anzeigt. Eine Tageszulassung gilt als Neuwagen, wenn es keine Mängel aufzeigt und zwischen Zulassung und Verkauf höchstens 12 Monate liegen, entschied das BGH (Az. VIII ZR 109/04).
Was tun, wenn sich nach dem Autokauf Mängel oder Schäden am Neuwagen zeigen?
Stellt sich nach dem Autokauf heraus, dass der Neuwagen mit Schäden oder Mängel behaftet ist, kann der Autokäufer Gewährleistungsrechte geltend machen.
Er muss zunächst den Verkäufer nachweisbar über den Mangel am Neuwagen informieren und ihm die Möglichkeit gegeben den Mangel zu beseitigen. Dafür sollte der Autokäufer ihm eine angemessene Frist setzen. Entstehen dem Autoverkäufer durch eine Nachbesserung oder Ersatzlieferung unverhältnismäßig hohe Kosten, kann beides im Einzelfall verweigern.
Bessert der Verkäufer nach, muss diese Nachbesserung für den Autokäufer kostenlos sein. Der Verkäufer muss bei der Nachbesserung auch Originalteile verarbeiten. Neben den Reparaturkosten muss der Autoverkäufer auch die Fahrtkosten zur Werkstatt bezahlen. Nicht bezahlen muss er einen Mietwagen oder einen Verdienstausfall beim Autokäufer.
In drei Fällen kann der Käufer eines Neuwagens vom Kaufvertrag zurücktreten oder eine Minderung des Kaufpreises verlangen. Erster Fall: Der Verkäufer verweigert eine Nachbesserung. Zweiter Fall: Die Nachbesserung scheitert. Dritter Fall: Die vom Autokäufer gesetzte Frist zur Nachbesserung ist verstrichen.
Das OLG Hamm (Az. 28 U 94/12) hat entschieden, dass ein Autokäufer, dessen Neufahrzeug vielmehr Kraftfahrstoff verbrauchte als vom Autohändler angegeben, vom Kauf zurücktreten kann.
Aufgepasst: Die Ansprüche auf Gewährleistung verjähren nach zwei Jahren ab Übergabe des Autos. Tritt der Mangel am Neuwagen kurz vor Ablauf der Gewährleistung auf, haftet der Verkäufer auf weitere vier Monate.
erstmals veröffentlicht am 27.06.2018, letzte Aktualisierung am 31.01.2024
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