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Kategorie: Anwalt Verkehrsrecht ,
17.05.2023 (Lesedauer ca. 5 Minuten, 1344 mal gelesen)
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Haftung nach Autounfall: Die 5 häufigsten Fälle

Haftung nach Autounfall: Die 5 häufigsten Fälle © freepik - mko

Ist es zu einem Autounfall gekommen, stellt sich schnell die Frage, wer schuld war und für die Unfallfolgen haften muss. Dies ist nicht immer klar zu beantworten und hängt entscheidend davon ab, ob es etwa ein unverschuldeter Unfall, ein Auffahrunfall oder ein Autounfall war, an dem beide Unfallbeteiligten für den Zusammenstoß verantwortlich waren. Was sind die häufigsten Haftungs-Fälle nach einem Autounfall?

1. Unverschuldeter Unfall

Es gibt Verkehrsunfälle in die ein Autofahrer völlig schuldlos verwickelt wird. So etwa eine Autofahrerin, die beim Rückwärtsfahren rechtzeitig bremste und noch vor der Kollision mit einem anderen Fahrzeug stand. Laut Bundesgerichtshof (Az. VI ZR 6/15) und Landgericht Heidelberg (Az. 1 S 6/16) hat die Autofahrerin mit ihrem Verhalten ihre Pflicht zur Vermeidung von Unfällen erfüllt und muss nicht für den Crash haften. Steht ein Autofahrer mit seinem defekten Fahrzeug auf dem Seitenstreifen einer Autobahn und kommt es zu einer Kollision mit einem Autofahrer, der den Seitenstreifen verbotswidrig benutzt, ist dieser allein für den Unfall verantwortlich und haftet auch alleine für die Unfallfolgen, so das Amtsgericht Recklinghausen (Az. 55 C 210/13). Fährt ein Autofahrer an einem parkenden Auto vorbei und öffnet sich völlig überraschend die Autotür, haftet der vorbeifahrende Autofahrer nicht für diesen Zusammenstoß. Laut Landgericht Stuttgart (Az.13 S 172/14) musste er nicht mit dem überraschenden Öffnen der Autotür rechnen und ist unverschuldet in die Unfallsituation geraten. Auf jeden Fall erhält ein Unfallbeteiligter, der keine Schuld am Autounfall trägt, seinen Schaden von der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung ersetzt. Die gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung muss auch die Kosten für ein Gutachten übernehmen. Manch klein wirkender Schaden entpuppt sich im Nachhinein als viel größer. Daher empfiehlt es sich immer ein Gutachten anfertigen zu lassen. Aus dem Gutachten ergeben sich die geltend zumachenden Ansprüche. Das Unfallfahrzeug kann durch eine Werkstatt wieder in Stand gesetzt oder auch vom Autobesitzer selbst repariert werden. Der gutachterlich festgestellte Anspruch auf Schadensersatz steht dem Autobesitzer in beiden Fällen zu. Fällt die Entscheidung für eine Reparatur in der Werkstatt, kann der Autobesitzer für diese Zeit einen Mietwagen verlangen. Die Kosten für den Mietwagen müssen allerdings verhältnismäßig zum Unfallfahrzeug sein. Wer einen Kleinwagen fährt, darf sich keinen Luxusschlitten mieten. Wer nicht unbedingt auf ein Fahrzeug angewiesen ist, kann für die Reparaturzeit auch Nutzungsentschädigung verlangen. Diese berechnet sich nach Alter und Modell des Unfallfahrzeugs. Übrigens: Bei einem Autounfall aufgrund von Aquaplaning kann der Fahrer nicht den Bund, das Land oder die Gemeinde in die (Mit-)Haftung nehmen, entschied das Landgericht Mainz (Az. 4 O 76/04). Der Autofahrer muss seine Geschwindigkeit den Fahrbahnverhältnissen anpassen.

2. Auffahrunfall

Viele Autofahrer glauben, dass der Autofahrer, der auffährt immer Schuld am Unfall hat und alleine haftet. Dies ist nicht immer so. Bremst der Vordermann etwa ohne Grund ab oder fährt oder rollt er plötzlich rückwärts trägt er zumindest eine Teilschuld am Unfall und haftet mit. In der Regel kommt es jedoch zu einem Auffahrunfall, weil der auffahrende Autofahrer nicht den notwendigen Sicherheitsabstand eingehalten hat. In diesem Fall haftet der Unfallverursacher alleine für die Unfallfolgen.

3. Selbstverschuldeter Unfall

Wer ein ordnungsgemäß parkendes Auto rempelt oder einem anderen Verkehrsteilnehmer die Vorfahrt nimmt und deshalb mit einem Fahrzeug kollidiert, hat den Autounfall selbstverschuldet und haftet auch alleine für die Unfallfolgen. In diesem Fall zahlt die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers nur die Schäden am fremden Fahrzeug, die Schäden am eigenen Auto werden nicht übernommen.

4. Beide sind am Autounfall Schuld

Bei den meisten Autounfällen tragen beide Unfallbeteiligten eine Schuld am Zusammenstoß der Fahrzeuge. Denn auch wenn die Schuldfrage auf den ersten Blick klar ist, kann das Verhalten beider Unfallparteien zum Crash geführt haben. In diesen Fällen entscheidet die Schwere des Verstoßes, zu welchem Anteil jeder Unfallbeteiligte Schuld trägt und haftet. Im Verhältnis der ermittelten Mitschuld erfolgt dann die Schadensregulierung durch die Versicherung. Meist muss gerichtlich entschieden werden, zu welchen Teilen die Mitschuld verteilt wird. In der Regel ist der Rückwärtsfahrende aufgrund der erhöhten Sorgfaltspflicht an einem Unfall schuld. Dies gilt aber nicht, wenn beide Fahrzeuge rückwärts zusammenknallen. Das Landgericht Heidelberg (Aktenzeichen 2 S 8/14) sprach einer aus einer Parkgarage rückwärtsfahrenden Autofahrerin ein Drittel der Schuld am Unfall mit einem Autofahrer zu, der rückwärts auf der Fahrspur fuhr, als es zum Zusammenstoß kam. Wer schneller als die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h fährt, muss immer mit einer Mitschuld an einem Unfall rechnen. So verurteilte das Landgericht Coburg (Aktenzeichen 12 O 421/05) einen Autofahrer, der mit 200 km/h unterwegs war und schuldlos mit einem Auto zusammenstieß, das plötzlich von der rechten auf die linke Fahrspur wechselte, zu einer 20prozentigen Mitschuld. Bei Unfällen mit Radfahrern haben Autofahrer in der Regel schlechte Karten, da sie mit einem regelwidrigen Verhalten des Radfahrers rechnen müssen. So trägt nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm (Aktenzeichen 9 U 12/98) ein Autofahrer zur Hälfte Mitschuld an einem Unfall mit einem Radfahrer, der verbotenerweise den Radweg in falscher Fahrtrichtung nutzt. Verkehrsteilnehmer dürfen sich nicht auf den Blinker eines Fahrzeugs verlassen. Bei einem nach rechtsblinkenden Auto, das doch geradeaus fuhr und mit einem Motorrad zusammenstieß, haftet der Motorradfahrer für den Unfall mit, so das Oberlandesgericht Dresden (Aktenzeichen 4 U 1354/19). Nur wenn neben dem Blinken noch eine Tendenz zum Abbiegen vorgelegen hat, durfte der Motorradfahrer auf den Blinker vertrauen.

5. Schuldanerkenntnis

Im Schock nach einem Crash kommt es immer wieder vor, dass ein Unfallbeteiligter die Schuld am Autounfall zugibt, bzw. ein schriftliches Schuldanerkenntnis unterschreibt. Hiervon ist dringend abzuraten. Auch wenn die Schuldfrage auf den ersten Blick klar zu sein scheint, ist dies an der Unfallstelle für alle Beteiligten schwer einzuschätzen. Liegt ein Schuldanerkenntnis vor, kann es passieren, dass die Haftpflichtversicherung nicht zahlt. Wichtig zu wissen: Niemand ist verpflichtet ein Schuldanerkenntnis abzulegen!

Welche strafrechtlichen Folgen hat ein Autounfall?

Ein Autounfall kann neben zivilrechtlichen Ansprüchen auch strafrechtliche Folgen für die Unfallbeteiligten haben. Wer etwa den Unfallort verlässt, ohne seine Personalien und Versicherungsdaten zu hinterlassen, begeht Fahrerflucht, die mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren, einer Geldstrafe, drei Punkte in Flensburg und einem Fahrverbot oder Führerscheinentzug geahndet werden kann. Steht ein Unfallverursacher unter Alkohol- oder Drogeneinfluss muss er ebenfalls mit einem erheblichen Bußgeld, Punkten in Flensburg und Fahrverbot oder Führerscheinentzug rechnen. Lesen Sie dazu unseren ausführlichen Ratgeber-Beitrag
Lesen Sie dazu unseren ausführlichen Ratgeber-Beitrag Alkohol am Steuer: Welche Strafen drohen?.
. Aber auch Autofahrer, die etwa an epileptischen Anfällen leiden, können sich im Falle eines von ihnen verschuldeten Autounfalls strafbar machen, wenn sie am Unfalltag vergessen haben ihre Medikamente einzunehmen, so das Amtsgericht Würzburg. Zivilrechtlichen Ansprüchen sieht sich ein Unfallverursacher ausgesetzt, wenn bei Unfallbeteiligten aufgrund des Autounfalls körperliche oder psychische Gesundheitsschäden entstanden sind. In diesem Fall steht ihnen ein Anspruch auf Schmerzensgeld zu. Die Höhe des Schmerzensgeldes muss individuell bestimmt werden und hängt unter anderem auch von den Folgen des Gesundheitsschadens ab. Ein Anwalt für Verkehrsrecht hilft Ihnen Ihre Ansprüche gegenüber der gegnerischen Kfz-Versicherung erfolgreich durchzusetzen.

erstmals veröffentlicht am 27.07.2021, letzte Aktualisierung am 17.05.2023

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