Dashcam im Auto: zulässiges Beweismittel vor Gericht?
Mit einer Dashcam im Auto versprechen sich Autofahrer, dass die Videoaufnahmen im Fall eines Unfalls oder Vorwurfs eines verkehrswidrigen Verhaltens ihre Unschuld beweisen. Doch verstößt eine Dashcam im Auto gegen den Datenschutz? Mit welchem Bußgeld muss man für einen unzulässigen Gebrauch einer Dashcam im Auto rechnen? Und sind die Videoaufnahmen einer Dashcam als Beweismittel vor Gericht zugelassen?
Was ist eine Dashcam?
Eine Dashcam ist eine kleine, im Fahrzeuginneren befestigte Videokamera, die während der Autofahrt das Verkehrsgeschehen aufzeichnet.
Verstoße ich mit dem Einsatz einer Dashcam im Auto gegen den Datenschutz?
Der Einsatz einer Dashcam im Straßenverkehr ist im Hinblick auf den Datenschutz in mehrfacher Hinsicht problematisch. Zum einen kann mit den Dashcam-Aufnahmen das Recht der informellen Selbstbestimmung des Aufgenommenen verletzt werden, denn niemand darf gegen seinen Willen aufgezeichnet werden. So etwa, wenn ein Autokennzeichen oder eine Person vor der Veröffentlichung der Dashcam-Aufnahmen nicht unkenntlich gemacht wurde.
Zum anderen kann der Aufzeichner seiner nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) festgelegten Informationspflicht gegenüber dem Aufgenommenen während einer Autofahrt sicher nicht nachkommen. Bei videoüberwachten Gebäuden geschieht dies durch Hinweisschilder.
Zu dem halten viele Datenschützer Dashcam-Aufzeichnungen nur dann für zulässig, wenn sie anlassbezogen erfolgen. Das heißt, Daten dürfen nur bei einem konkreten Anlass, wie einem Unfall, gespeichert werden.
Welches Bußgeld droht mir bei unzulässigen Dashcam-Aufnahmen?
Autofahrer, die Dashcam-Aufnahmen unzulässigerweise verwenden, müssen mit einem empfindlichen Bußgeld nach der DSGVO rechnen. Die Höhe des Bußgelds kann bis zu 20 Millionen Euro betragen. In der DSGVO ist geregelt, dass Geldbußen „in jedem Einzelfall wirksam, verhältnismäßig und abschreckend“ sein müssen. Bislang wurden von einzelnen Gerichten allerdings nur Bußgelder im unteren Bereich verhängt.
Sind die Dashcam-Aufnahmen ein zulässiges Beweismittel vor Gericht?
Der Einsatz von einer Dashcam im Straßenverkehr zu Beweiszwecken wird von deutschen Gerichten uneinheitlich beurteilt.
Der Bundesgerichtshof (BGH) (Az. VI ZR 233/17) hat zur Verwertbarkeit von Dashcam-Aufnahmen als Beweismittel im Unfallhaftpflichtprozess Stellung genommen. Danach verstößt die permanente Videoaufzeichnung des Straßenverkehrs grundsätzlich gegen das Datenschutzgesetz. Im Einzelfall sei aber eine Verwertung der Dashcam-Aufzeichnungen im Zivilprozess möglich und zulässig. Dafür muss eine Interessen- und Güterabwägung zwischen dem Interesse des Beweisführers an der Durchsetzung seiner Zivilrechtsansprüche und seinem Anspruch auf rechtliches Gehör einerseits und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Aufgezeichneten und seinem Recht am eigenen Bild andererseits, erfolgen. Wer sich laut BGH in den öffentlichen Straßenraum begibt, weiß auch, dass er durch andere wahrgenommen und beobachtet wird. Dabei ist der Beweisnot aufgrund der Schnelligkeit des Geschehens sowie dem Beweisinteresse des Unfallgeschädigten ein besonderes Gewicht bei zu messen.
Auch das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg (Az. 13 U 851/17) entschied, dass Aufzeichnungen einer Dashcam im Straßenverkehr als Beweismittel in einem Zivilprozess verwertet werden dürfen. Das Interesse des Unfallbeteiligten auf Rechtschutz überwiege das Interesse des Unfallgegners an dessen Persönlichkeitsrecht, gerade dann, wenn keine anderen Beweismittel zur Verfügung stehen, entschieden die Nürnberger Richter.
Ebenso hat das OLG Stuttgart (Az. 4 Ss 543/15) in einer Entscheidung Dashcam-Aufnahmen eines Verkehrsteilnehmers im Rahmen eines Bußgeldverfahrens wegen schwerer Verkehrsordnungswidrigkeiten als verwertbar beurteilt. Im zu entscheidenden Fall ging es um einen Rotlichtverstoß. Ein Autofahrer hatte eine Ampel überfahren, die schon mehr als sechs Sekunden rot war. Er wurde wegen dieser Ordnungswidrigkeit zu einer Geldbuße von 200 Euro und einem Fahrverbot von einem Monat verurteilt. Die Verurteilung war nur möglich, weil ein anderer Autofahrer mit seiner Dashcam diese Ordnungswidrigkeit aufgenommen hatte. Die Stuttgarter Richter lassen in der Entscheidung die Frage offen, ob die Nutzung einer Dashcam durch Verkehrsteilnehmer grundsätzlich gegen das Bundesdatenschutzgesetz verstößt. Auf jeden Fall enthalte das Bundesdatenschutzgesetz kein Beweisverwertungsverbot für Straf- und Bußgeldverfahren. Ob man Dashcam-Aufnahmen verwerten könne, müsse im Einzelfall entschieden werden.
In diesem Sinne entschied auch das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (Az. 13 Sa 624/22) und ließ die Dashcam-Aufnahmen in einem Zivilprozess zu, die eine Sachbeschädigung an einem Fahrzeug dokumentierten.
Anders entschied das OLG Köln (Az. III-1RBs 212/18): Seiner Ansicht nach reichen Dashcam-Aufnahmen nicht aus, um Verkehrsverstöße gerichtsfest zu dokumentieren. Diese Entscheidung trafen die Kölner Richter nach der BGH-Entscheidung und löst damit erneut die Diskussion über die Beweiskraft von Dashcam-Aufnahmen aus. Laut OLG Kölnsind die Aufnahmen einer Dashcam zu ungenau und nicht ausreichend. Zudem sei die Messmethode nicht standardisiert und auch nicht eichfähig.
Auch das Amtsgericht München (Az. 345 C 5551/14) hat die Aufnahmen einer Dashcam als Beweismittel im Zivilprozess nicht zugelassen. Ein Autofahrer wollte mit Hilfe der Aufnahmen seine Unschuld bei einem Unfallprozess beweisen. Das Gericht sah in den Aufnahmen einen Verstoß gegen das Bundesdatenschutzgesetz und gegen das Kunsturhebergesetz. Die schutzwürdigen Interessen der Gefilmten würden in diesem Fall überwiegen.
erstmals veröffentlicht am 16.05.2018, letzte Aktualisierung am 16.05.2023
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