Fragen & Antworten zum BaföG
Welche Strafe droht bei BAföG-Betrug nach § 263 StGB? Was gilt es sonst bei Antrag und Rückzahlung der staatlichen Leistung zu beachten? Fragen und Antworten im Zusammenhang mit dem BAföG.
Ist die Rückzahlung von BaföG ein Schuldeingeständnis?
Möglicherweise! Hat das BAföG-Amt bzw. das Studentenwerk Kenntnis über Freistellungsaufträge und freigestellte Kapitalerträge, kann es Vermutungen in Bezug auf das zum Zeitpunkt der Antragstellung vorhanden gewesene Vermögen anstellen und den Studenten auffordern, seine Vermögensverhältnisse zum Zeitpunkt der Antragstellung darzulegen und zu viel gezahlte Leistungen per Rückzahlungsbescheid gemäß § 45 SGB X zurückgefordern.
Vorsicht: Bei der Frage, ob die Rückzahlung oder ein Widerspruch gegen die Rückzahlung das bessere Mittel ist, muss immer beachtet werden, dass eine kommentarlose Rückzahlung später im Strafverfahren als Geständnis gewertet werden kann. Spätestens nach Erhalt der Rückzahlungsaufforderung muss der Gang zum Rechtsanwalt für Strafrecht erfolgen.
Muss ich trotz Rückzahlung mit einer Strafanzeige rechnen?
Ja! In der Regel wird nach Erlaß des Rückzahlungsbescheids die Akte mit allen Angaben, die der Antragsteller gegenüber dem BAföG-Amt gemacht hat (auch mit den nachteiligen!), an die zuständige Polizei oder Staatsanwaltschaft abgegeben, wenn die Behörde Anzeichen für einen Betrug für gegeben erachtet.
Welche Strafe droht bei BAföG-Betrug?
§ 263 StGB (Strafgesetzbuch) bestraft den Betrug mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren. Mit dieser Strafvorschrift gibt das Gesetz zwar den Strafrahmen, nicht aber die im konkreten Fall zu verhängende Strafe vor. Wie bei allen anderen Straftatbeständen auch gibt es im Strafrecht entgegen dem Ordnungswidrigkeitenrecht (dort gibt es den Bußgeldkatalog) keinen „Strafenkatalog“.
Die Bestimmung der Strafhöhe erfolgt nach dem Strafgesetzbuch (StGB) durch eine individuelle Strafzumessung und ist äußerst komplex. Bundes- oder landeseinheitliche Regelungen gibt es nicht. Aus diesem Grund kann den nachfolgenden Ausführungen keine abschließende Verbindlichkeit zukommen. Da der Verfasser dieses Artikels jedoch auch als Rechtsanwalt bundesweit im Vermögensstrafrecht tätig ist und im Rahmen seiner Tätigkeit als Strafverteidiger eine Vielzahl von Fällen im Bereich des BAföG-Betruges bearbeitet hat, vermögen sie durchaus in der Lage sein, eine seriöse Erstinformation darzustellen.
Die Verteidigung in Strafverfahren wegen BAföG-Betrug gestaltet sich im Regelfall wie folgt:
- 1. Mandatsgespräch, Beratung
- 2. Verteidigerlegitimation & Antrag auf Akteneinsicht bei Polizei/Staatsanwaltschaft
- 3. Nach Erhalt der Ermittlungsakte: Juristische Prüfung der Rechtmäßigkeit der etwa durchgeführten Ermittlungsmaßnahmen sowie der Art und Weise, auf die die BAföG-Behörde Daten erlangt hat
- 4. Juristische Prüfung der materiellen Rechtslage. Ist der Straftatbestand des Betruges nach § 263 StGB erfüllt? Welche Verteidigungsmöglichkeiten gibt es? Schlagworte: Eltern haben Geld auf den Namen des Kindes angelegt; Kinder verwalten treuhänderisch Vermögen; Anwendung von deutlich milderem Jugendstrafrecht, wenn das Kind bei Antragstellung unter 21 Jahre alt war; Verjährung nach § 78 StGB
- 5. Aufnahme von Verhandlungen/Gesprächen mit Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht
- 6. Stellung von schriftlichen Anträgen bspw. auf Verfahrenseinstellung (gegen Geldbuße), oder auf Erlass eines Strafbefehls unter Berücksichtigung der nachstehenden Ausführungen.
Bei bis ca. 500,00 € Schaden (in Bayern teilweise nur bis 100,00 €) kann eine Verfahrenseinstellung nach § 153 StPO wegen Geringfügigkeit erreicht werden. Ein Eintrag ins Bundeszentralregister erfolgt nicht. Ein Eintrag ins Führungszeugnis für Arbeitgeber erfolgt ebenfalls nicht.
Bei 500,00 € bis ca. 5.000,00 € (in Bayern z.T. nur bis 1.000,00 €; in Hessen u.U. auch bis 6.000,00 €) ist unter Umständen eine Verfahreneinstellung gegen Geldbuße oder gemeinnützige Arbeit nach § 153a StPO (Strafprozessordnung) möglich, wenn der Mandant nicht einschlägig vorbestraft ist. Ein Eintrag ins Bundeszentralregister erfolgt nicht. Ein Eintrag ins Führungszeugnis für Arbeitgeber erfolgt ebenfalls nicht.
Wenn eine Einstellung nach § 153a StPO nicht in Betracht kommt, ist bei 500,00 € bis ca. 5.000,00 € (in Bayern z.T. nur bis 1.000,00 €; in Hessen u.U. auch bis 6.000,00 €) eine Geldstrafe unter Eintragungsgrenze für das Führungszeugnis unter Umständen oder gar eine Verwarnung mit Strafvorbehalt möglich, wenn Mandant nicht einschlägig vorbestraft ist. Bei höheren Schadenssummen muss mit einer Geldstrafe oder einer kleineren Freiheitsstrafe (bei Ersttätern Bewährung möglich) gerechnet werden, die ins Führungszeugnis eingetragen wird.
Aber wiederum Vorsicht: Auch Geldstrafen unter der Eintragungsgrenze für das Führungszeugnis Belegart N (oder wenn bereits eine Vorstrafe vorliegt) werden im Bundeszentralregister (BZR) und im Führungszeugnis für Behörden (Belegart 0) eingetragen und können bereits damit für manchen Studenten das Karriereaus bedeuten. So z.B., wenn eine Laufbahn als Beamter bzw. im öffentlichen Dienst angedacht ist (bspw. Referendare, Lehramtsanwärter, Juristen), eine behördliche Sicherheits- oder Zuverlässigkeitsüberprüfung (bspw. für Piloten die ZÜP nach dem Luftsicherheitsgesetz, LuftSiG) durchgeführt werden muss oder eine Einreisevisum für die USA benötigt wird.
erstmals veröffentlicht am 27.08.2008, letzte Aktualisierung am 18.04.2017
von Thomas M. Amann
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