Erbengemeinschaft: Was müssen Erben dazu wissen?

Man hat geerbt – aber nicht alleine! Eine sog. Erbengemeinschaft kann kompliziert und konfliktanfällig sein. Welche Rechte und Pflichten haben Erben einer Erbengemeinschaft? Wer kann über den Nachlass verfügen? Wer haftet für Schulden des Verstorbenen? Wann löst sich die Erbengemeinschaft auf? Kann ein Miterbe sich auszahlen lassen? Und was tun, wenn sich die Miterben nicht über die Verteilung des Nachlasses einigen können?
- Was ist eine Erbengemeinschaft?
- Wer haftet in einer Erbengemeinschaft für Schulden des Verstorbenen?
- Welche Pflichten bestehen für Erben in der Erbengemeinschaft?
- Welche Rechte haben Miterben einer Erbengemeinschaft?
- Wie lange besteht eine Erbengemeinschaft?
- Wie wird eine Erbengemeinschaft aufgelöst?
- Kann ein Miterbe Auszahlung bzw. Entlassung aus der Erbengemeinschaft verlangen?
- Was tun, wenn Miterben sich über die Verteilung des Nachlasses nicht einigen?
Was ist eine Erbengemeinschaft?
Eine Erbengemeinschaft entsteht, wenn mehrere Personen gemeinsam erben. Dies kann aufgrund eines Testaments oder der gesetzlichen Erbfolge geschehen. Die Erben einer Erbengemeinschaft nennt man Miterben. Die Besonderheit einer Erbengemeinschaft besteht darin, dass alle Miterben Mitbesitzer des gesamten Nachlasses sind. Einzelne Erben können nicht alleine über Nachlassgegenstände verfügen, sondern nur gemeinsam mit allen Erben. Ein Miterbe kann ausnahmsweise alleine entscheiden, wenn es sich um eine notwendige Maßnahme zum Erhalt des Nachlasses handelt. Wichtige Entscheidungen im Hinblick auf den Nachlass müssen einstimmig getroffen werden, was oft zu Streit unter den Miterben führen kann.
Wer haftet in einer Erbengemeinschaft für Schulden des Verstorbenen?
Die Miterben einer Erbengemeinschaft haften gemeinsam für Schulden des Verstorbenen. Sie können die Haftung begrenzen, indem sie ein Nachlassinsolvenzverfahren oder eine Dreimonatseinrede beantragen.
Welche Pflichten bestehen für Erben in der Erbengemeinschaft?
In einer Erbengemeinschaft haben alle Miterben gesetzlich geregelte Pflichten.
Ordnungsgemäße Nachlassverwaltung
Die Miterben einer Erbengemeinschaft haben die vorrangige Pflicht den Nachlass ordnungsgemäß zu verwalten. Dies kann durch einen Testamentsvollstrecker geschehen – wenn der Erblasser einen bestimmt hat – oder in gemeinschaftlicher Verwaltung. Zur ordnungsgemäßen Verwaltung gehört etwa die Instandhaltung und Pflege von Immobilien oder die Verwaltung und ggfs. Kündigung von Verträgen.
Auskunftsanspruch gegenüber Miterben
Erben müssen sich gerade im Hinblick auf einen möglicherweise überschuldeten Nachlass schnell einen Überblick über den Nachlass verschaffen. Da nicht immer alle Miterben auf dem gleichen Kenntnisstand im Hinblick auf das vererbte Vermögen sind, besteht ein Auskunftsanspruch gegenüber den Miterben.
Jeder Erbe muss die anderen über den Zustand des Nachlasses informieren. Keiner darf Nachlassgegenstände heimlich an sich nehmen oder verkaufen.
Pflicht zur Teilung des Nachlasses
Die Miterben sind verpflichtet, den Nachlass auseinanderzusetzen – das bedeutet, die Erbengemeinschaft aufzulösen.
Pflicht zur Herausgabe von Nachlassgegenständen
Falls ein Miterbe Nachlassgegenstände besitzt, muss er diese der Erbengemeinschaft zur Verfügung stellen. Verstößt er gegen diese Pflicht, können seine Miterben Schadensersatzansprüchen geltend machen.
Haftung für Nachlassverbindlichkeiten
Die Erben einer Erbengemeinschaft haften für die Nachlassverbindlichkeiten und müssen diese begleichen. Zu den Nachlassschulden gehören die Schulden des Verstorbenen oder auch die Kosten der Beerdigung.
Falls der Nachlass überschuldet ist, können sie die Erbschaft ausschlagen oder ein Nachlassinsolvenzverfahren beantragen, um die Haftung zu begrenzen.
Erbschaftssteuer zahlen
Jeder Miterbe muss bezogen auf seinen Erbanteil Erbschaftssteuer zahlen. Diese wird nicht von der Erbengemeinschaft beglichen.
Welche Rechte haben Miterben einer Erbengemeinschaft?
Miterben einer Erbengemeinschaft haben aber nicht nur Pflichten, sondern auch Rechte, die ihnen ermöglichen, über den Nachlass mitzubestimmen und ihren Erbteil geltend zu machen.
Erbschaft ausschlagen
Zunächst hat jeder Erbe das Recht die Erbschaft auszuschlagen. Dies kann gerade bei einem überschuldeten Nachlass sinnvoll sein. Dafür muss der Erbe innerhalb von sechs Wochen gegenüber dem zuständigen Nachlassgericht erklären, dass er das Erbe ausschlägt.
Verwaltungsrecht
Jeder Miterbe hat das Recht, an der Verwaltung des Nachlasses mitzuwirken. Notwendige Maßnahmen zum Schutz des Nachlasses vor Schäden darf jeder Miterbe alleine treffen. Regelmäßige Verwaltungsmaßnahmen müssen mit der Mehrheit der Miterben beschlossen werden. Wichtige Entscheidungen, wie etwa der Verkauf einer Immobilie, erfordern die Zustimmung aller Miterben.
Auskunftsanspruch gegenüber Miterben
Jeder Miterbe hat das Recht Informationen über den Nachlass zu erhalten. Er kann von anderen Miterben oder dem Nachlassverwalter Einsicht in Unterlagen und Konten verlangen. Auf Verlangen eines Miterben muss ein Mitglied einer Erbengemeinschaft Auskunft darüber erteilen, ob und welche Zuwendungen es vom Verstorbenen vor dessen Tod erhalten hat. Diese Auskunftspflicht besteht auch gegenüber dem Nachlassverwalter oder Testamentsvollstrecker.
Anspruch auf Nutzung des Nachlasses
Der Nachlass gehört der Erbengemeinschaft zusammen. Kein Gegenstand des Nachlasses gehört einem Miterben alleine. Alle Miterben haben das Recht, den Nachlass gemeinsam zu nutzen. Möchte ein Miterbe einen Nachlassgegenstand alleine nutzen, benötigt er die Zustimmung der Erbengemeinschaft. Einstimmigkeit ist dafür nicht notwendig, es reicht die Mehrheit der Stimmen der Erbengemeinschaft.
Ausgleich für Pflegeleistungen
Ein Miterbe hat einen Anspruch auf Ausgleich von Pflegeleistungen, wenn er das Vermögen des Verstorbenen durch besondere Leistungen erhalten oder vermehrt hat und dies bislang nicht entlohnt wurde. Dieser Anspruch besteht allerdings nur für Abkömmlinge des Verstorbenen, also Kinder oder Enkel.
Anspruch auf Auflösung der Erbengemeinschaft
Jeder Miterbe kann die Auflösung der Erbengemeinschaft verlangen.
Verkauf von Erbschaftsanteilen
Jeder Miterbe kann seinen Anteil an der Erbschaft an andere Miterben oder an Dritte verkaufen. Andere Miterben können ein Vorkaufsrecht haben.
Wie lange besteht eine Erbengemeinschaft?
Grundsätzlich besteht eine Erbengemeinschaft so lange bis der Nachlass verteilt ist und sie aufgelöst wird. Dies kann konfliktbeladen sein und lange dauern.
Wie wird eine Erbengemeinschaft aufgelöst?
Ziel einer Erbengemeinschaft ist die Aufteilung des Nachlasses. Wie dies zu erfolgen hat, ist nicht gesetzlich vorgeschrieben. Eine Erbengemeinschaft wird im besten Fall durch eine einvernehmliche Aufteilung des Nachlasses unter den Miterben aufgelöst. Sie kann aber auch durch den Verkauf von Erbanteilen an einen Miterben oder Dritten aufgelöst werden.
Kann ein Miterbe Auszahlung bzw. Entlassung aus der Erbengemeinschaft verlangen?
Miterben haben gegenüber der Erbengemeinschaft keinen Anspruch darauf, dass sie ausbezahlt oder aus der Erbengemeinschaft entlassen werden. Sie haben aber die Möglichkeit ihren Erbanteil an einen anderen Miterben oder einen Dritten zu veräußern.
Was tun, wenn Miterben sich über die Verteilung des Nachlasses nicht einigen?
Werden sich die Miterben über die Verteilung des Nachlasses nicht einig, ist eine Erbauseinandersetzungsklage oder bei einer Immobilie eine Teilungsversteigerung möglich. Spätestens jetzt sollten Sie den Rat und die professionelle Begleitung eines erfahrenen Anwalts für Erbrecht in Anspruch nehmen.
Lesen Sie dazu auch unseren informativen Rechtstipp – Wie kann man eine Erbengemeinschaft verklagen?“.
erstmals veröffentlicht am 18.06.2021, letzte Aktualisierung am 07.02.2025
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