Umgang mit den Enkeln: Welche Rechte haben die Großeltern?
Großeltern spielen oft eine bedeutende Rolle in der Kinderbetreuung und Erziehung, insbesondere wenn Eltern arbeiten oder anderweitig beschäftigt sind. Manchmal können Familienkonflikte oder Trennungen dazu führen, dass Großeltern den Kontakt zu ihren Enkeln verlieren. Haben Großeltern ein Umgangsrecht mit ihren Enkeln? Und in welchen Fällen müssen sie Unterhalt für ihre Enkel zahlen?
- Warum ist der Kontakt zwischen Großeltern und Enkeln wichtig?
- Wann haben Großeltern ein Umgangsrecht mit ihren Enkeln?
- In welchen Fällen kann Großeltern der Umgang mit dem Enkel untersagt werden?
- Wie oft dürfen Großeltern Umgang und Kontakt mit ihren Enkel haben?
- Wie können Großeltern ihr Umgangsrecht mit den Enkeln durchsetzen?
- Müssen Großeltern Unterhalt für ihre Enkel zahlen?
- Wann haben Großeltern einen Anspruch auf Kindergeld?
Warum ist der Kontakt zwischen Großeltern und Enkeln wichtig?
Der Kontakt zu den Großeltern bietet Kindern oft eine zusätzliche emotionale Unterstützung. Insbesondere in schwierigen Lebensphasen, wie nach einer Trennung der Eltern, können Großeltern eine wichtige Stabilitätsquelle darstellen. Umgekehrt bedeutet der Kontaktverlust für Großeltern oft eine erhebliche emotionale Belastung.
Wann haben Großeltern ein Umgangsrecht mit ihren Enkeln?
Für die Entwicklung eines Kindes ist es wichtig, dass es nicht nur auf den Umgang mit seinen Eltern und Geschwister beschränkt ist. Aus diesem Grund haben auch Großeltern in Deutschland nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch ein Recht auf Umgang mit dem Enkelkind. Dabei ist es unerheblich, ob die Eltern getrennt oder zusammenleben. Auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) (Az. C-335/17) stellt klar, dass der Begriff „Umgangsrecht“ in der Brüssel II a- Verordnung auch ein Umgangsrecht der Großeltern meint.
Voraussetzung ist aber, dass der Umgang der Großeltern mit dem Enkel zum Wohl des Kindes geschieht. Dies wird nicht zwangsläufig, wie bei einem Eltern-Kind-Verhältnis, vermutet, sondern es muss vielmehr festgestellt werden, dass die Beziehung zu den Großeltern für die Entwicklung des Kindes förderlich ist, so das Oberlandesgericht Köln (OLG) (Az. 4 WF 4/04) und auch das OLG Celle (Az. 18 UF 4/99).
In welchen Fällen kann Großeltern der Umgang mit dem Enkel untersagt werden?
Großeltern müssen auf ihr Umgangsrecht verzichten, wenn sie den Erziehungsvorrang der Eltern nicht achten oder etwa aufgrund eines Streits mit den Eltern das Kind in einen Loyalitätskonflikt bringen, so der Bundesgerichtshof (BGH) (Az. XII ZB 350/16). Dabei ist es laut OLG Oldenburg (Az. 3 UF 120/17) egal, wer für den Streit verantwortlich ist. Auch das OLG Braunschweig (Az. 2 UF 47/21) spricht den Großeltern ihr Umgangsrecht ab, wenn da Verhältnis zwischen Eltern und Großeltern stark belastet oder zerrüttet ist.
Anders das OLG Brandenburg (Az. 9 UF 204/23): Trotz zerrütteter Beziehung zwischen Großmutter und Mutter spricht das Gericht der Großmutter ein Umgangsrecht mit dem Enkel zu. Laut Gericht sind die Großeltern seid Geburt des Enkels eine stets präsente und stabile Bezugsperson für das Enkelkind gewesen. Das Enkelkind hat den klaren Wunsch auf Kontakt zu seinen Großeltern und diesem Wunsch sei trotz Konflikt mit der Mutter zu entsprechen. Der Vorwurf der Mutter, dass die Großeltern sich in die Erziehung einmischen, sei nicht belegbar gewesen.
Missachten Großeltern Erziehungsentscheidungen der Eltern oder mischen sie sich unverhältnismäßig in die Erziehung der Enkel ein, können sie ebenfalls ihr Umgangsrecht verlieren.
Wie oft dürfen Großeltern Umgang und Kontakt mit ihren Enkel haben?
Wie oft Großeltern Kontakt und Umgang mit ihren Enkeln haben dürfen, ist gesetzlich nicht geregelt. Dies muss unter Berücksichtigung des Kindeswohl im Einzelfall entschieden werden.
So hält das OLG Brandenburg (Az. 10 UF 210/07) einen Umgang der Großeltern mit den Enkeln alle vier Wochen an einem Wochentag von halb vier bis sieben Uhr abends für ausreichend. Zusätzlich gewährte das Gericht den Großeltern einmal im Jahr ein Wochenende mit dem Enkel.
Laut Kammergericht (KG) Berlin (Az. 17 UF 2/09) reicht ein Umgang der Großeltern mit einem achtjährigen Kind einmal im Monat für fünf Stunden aus.
Wichtig: Zum Umgangsrecht mit den Enkeln zählen nicht nur Besuche, sondern jeglicher Kontakt, so etwa auch Telefonat, E-Mails oder Posts.
Wie können Großeltern ihr Umgangsrecht mit den Enkeln durchsetzen?
Verweigern die Eltern den Großeltern den Umgang mit dem Enkel, sollte zunächst das Gespräch gesucht werden. Wenn dies zu keiner Lösung führt, kann es sinnvoll sein sich professionelle Hilfe beim Jugendamt oder einem Mediator zu suchen. Führt auch das nicht zu einer einvernehmlichen Lösung, bleibt den Großeltern noch der Weg ihr Umgangsrecht mit dem Enkel beim örtlich zuständigen Familiengericht einzuklagen. Zuständig ist das Amtsgericht, wo der Enkel seinen Wohnsitz hat.
Es empfiehlt sich in dieser Situation immer den professionellen Rat eines Anwalts für Familienrecht einzuholen. Schließlich müssen die Großeltern vorm Familiengericht glaubhaft nachweisen können, dass sie eine starke Bindung mit dem Enkel haben – etwa weil er viel Zeit bei ihnen verbracht hat oder sie beim ihm Babysitting gemacht haben.
Das Familiengericht wird die Gesamtsituation der Familie prüfen und zum Wohl des Enkels über ein Umgangsrecht der Großeltern entscheiden. Entscheidet das Familiengericht, dass den Großeltern ein Umgangsrecht zu steht, ist dies für die Eltern verpflichtend. Verweigern sie dann immer noch den Umgang mit den Großeltern, kann gegen sie ein Ordnungsgeld verhängt werden.
Das Familiengericht entscheidet auch über den Umfang des Umgangsrecht der Großeltern. So kann es festlegen wann sie den Enkel sehen und auch ob dies nur im Beisein der Eltern stattfinden darf.
Müssen Großeltern Unterhalt für ihre Enkel zahlen?
Können die Eltern aufgrund ihres niedrigen Einkommens nicht für den Kindesunterhalt aufkommen, müssen möglicherweise die Großeltern für den Unterhalt des Enkels haften, entschied das OLG Oldenburg (Az. 13 UF 85/21). Im zugrundeliegenden Fall erwirtschaftete die Mutter des Kindes nur ein Einkommen in Höhe des ihr zustehenden Selbstbehalts. Der Vater des Kindes befand sich noch in der Berufsausbildung. Laut Gericht müssen daher die Großeltern Auskunft über ihre Einkünfte und Vermögen geben und ggfs. für den Kindesunterhalt aufkommen.
Wann haben Großeltern einen Anspruch auf Kindergeld?
Großeltern haben einen Anspruch auf Kindergeld, wenn das Kind überwiegend im Haushalt der Großeltern lebt, dort betreut und versorgt wird. Laut Finanzgericht Rheinland-Pfalz (Az. 4 K 2296/15) ist der Lebensmittelpunkt des Kindes sowie seine elterliche Beziehung zu den Großeltern für den Anspruch auf Kindergeld maßgeblich.
erstmals veröffentlicht am 11.02.2022, letzte Aktualisierung am 20.06.2024
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