Musterfeststellungsklage – Was Verbraucher dazu wissen müssen!
Seit dem 1. November 2018 gibt es in Deutschland die Möglichkeit für Verbraucherschutzverbände die Rechte von Verbrauchern gegenüber Unternehmen mit Hilfe einer Musterfeststellungsklage zu vertreten. Doch wie läuft eine Musterfeststellungsklage ab? Wer darf sie erheben? In welchen Lebensbereichen macht sie Sinn? Und welche Vorteile und Nachteile hat eine Musterfeststellungsklage für Verbraucher?
Wie läuft eine Musterfeststellungklage ab?
Bei einer Musterfeststellungsklage klagt nicht der betroffene Verbraucher, sondern ein Verband. Berechtigt zur Klageerhebung sind Verbraucherverbände mit mindestens 350 Mitgliedern oder 10 Mitgliedsverbänden, die seit mindestens vier Jahren zur Erhebung von Unterlassungsklagen registriert sind und die höchstens zu fünf Prozent von einem Unternehmen finanziert werden. Wichtig ist weiterhin, dass sie Verbraucherinteressen weitgehend durch nicht gewerbsmäßige aufklärende oder beratende Tätigkeiten wahrnehmen, so der Bundesgerichtshof (Aktenzeichen XI ZR 171/19).
Voraussetzung für eine Musterfeststellungsklage ist, dass mindestens 10 Verbraucher vom selben Rechtsfall betroffen sind. Dann hat der Verbraucherverband die Möglichkeit Musterfeststellungsklage vor einem zuständigen Gericht gegen das betroffene Unternehmen zu erheben. Das Gericht veranlasst so dann die öffentliche Bekanntmachung der Musterfeststellungsklage. Beim Bundesamt für Justiz wird ein Klageregister eingerichtet, in das sich betroffene Verbraucher bis zu einem bestimmten Datum mittels eines Anmeldeformulars eintragen lassen können. Sie erhalten nach ihrer Eintragung eine Bestätigung vom Bundesamt für Justiz.
Das Gerichtsverfahren findet statt, wenn sich innerhalb von zwei Monaten mindestens 50 Betroffene für die Musterfeststellungsklage registriert haben. Im Gerichtsverfahren wird dann geklärt, ob die jeweiligen Streitpunkte zutreffen. Es endet mit einem Urteil oder Vergleich und ist für alle angemeldeten Verbraucher verbindlich.
Bei welchen Konflikten kann eine Musterfeststellungklage zur Anwendung kommen?
Es gibt eine Reihe von Lebensbereichen, bei denen eine Musterfeststellungsklage zur Klärung eines Konflikts in Frage kommen kann. So etwa bei Produkthaftungsfragen, wie im VW-Diesel-Skandal, oder bei Finanzdienstleistungen, etwa bei der Kündigung von Bausparverträgen. Musterfeststellungsklagen können auch bei unzulässigen Erhöhungen der Gebühren von Versorgungsleisten, wie Strom und Gas, erhoben werden. Wichtig ist immer, dass eine Vielzahl von Verbrauchern durch eine mögliche Rechtsverletzung betroffen ist.
Welche Vorteile hat eine Musterfeststellungsklage für Verbraucher?
Eine Musterfeststellungsklage hat für Verbraucher den Vorteil, dass sie ohne das Risiko für Anwalts- oder Gerichtskosten, ihr Recht einklagen können. Das Kostenrisiko trägt der klagende Verbraucherverband. Auch im Fall einer verlorenen Musterfeststellungsklage muss der einzelne Verbraucher nicht für die gegnerischen Gerichts- und Anwaltskosten aufkommen. Verbraucher können ihre Ansprüche einfach und kostenlos im entsprechenden Klageregister anmelden und sind vom weiteren Prozessaufwand verschont.
Kommt das Gericht zur Feststellung einer grundsätzlichen Schadensersatzpflicht, muss der Verbraucher nur noch seinen persönlichen Schaden darlegen – die grundsätzlichen Fragen des Falls sind bereits durch die Musterfeststellungsklage geklärt.
Ein weiterer Vorteil: Mit dem Musterfeststellungsverfahren wird die Verjährung der in Streit stehenden Ansprüche gehemmt. Zur Hemmung der Verjährung von Schadensersatzansprüchen im VW-Dieselskandal hat das Landgericht Köln (Aktenzeichen 17 O 185/19) entschieden, dass allein die Anmeldung zum Musterfeststellungsverfahren eine Hemmung der Verjährung von Schadensersatzansprüchen bewirkt – selbst dann, wenn der Betroffene seine Anmeldung später wieder zurücknimmt. Die Hemmung der Verjährung endet laut Gericht erst sechs Monate nach Rücknahme der Anmeldung.
Gibt es für Verbraucher auch Nachteile bei einer Musterfeststellungsklage?
Verbraucher geben mit ihrer Beteiligung an einer Musterfeststellungsklage ihre Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten auf die Dauer und den Inhalt des Verfahrens ab. Sobald sich betroffene Verbraucher im Klageregister eingetragen haben, steht ihnen nicht mehr der Weg einer Einzelklage offen. Sie haben aber die Möglichkeit sich bis zu einem bestimmten Termin wieder aus dem Klageregister entfernen zu lassen, falls sie auf eigene Kappe klagen wollen.
Wird eine Musterfeststellungsklage abgewiesen, dann ist auch dieses Urteil für den beteiligten Verbraucher verbindlich. Er kann die Streitpunkte über die im Musterfeststellungsverfahren entschieden wurde nicht erneut vor Gericht klären lassen.
Bei einem positiven Urteil müssen sie ihre individuelle Forderung doch noch selbst einklagen.
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