Bauarbeiten: Wer haftet für Schäden am Nachbarhaus?
Durch Abriss- und Tiefbauarbeiten oder rütteln und stampfen mit Baumaschinen können Schäden an Nachbargebäuden entstehen. Zeigen sich etwa Risse in der Fassade, stellt sich für den Hauseigentümer schnell die Frage, wer für den Schaden haften muss – der Nachbar oder der Bauunternehmer? Und was gilt bei Vorschäden am Gebäude?
Wann haftet der Bauunternehmer für Schäden am Nachbarhaus?
Ein Bauunternehmer ist nicht nur seinem Vertragspartner zur sorgfältigen und ordentlichen Ausführung seiner Arbeiten verpflichtet, sondern auch gegenüber den Anwohnern.
So etwa im Fall eines Baus einer Tiefgarage neben einem Jahrhundertwendehaus. Um die Baugrube zu sichern, trieb der Tiefbauunternehmer acht Meter lange Eisenträger in den Boden, teilweise mit nur 60 cm Abstand zum Nachbarhaus. Als die Tiefbauarbeiten durchgeführt worden waren, wurden die Eisenträger wieder entfernt. Die Eigentümer des Jahrhundertwendehauses stellten daraufhin Risse im Gemäuer ihres Hauses fest. Sie verklagten den Tiefbauunternehmer auf rund 20.000 Euro Schadensersatz.
Zu Recht, entschied das Oberlandesgericht Osnabrück (Az.12 U 61/16). Der Tiefbauunternehmer habe gegen seine werkvertraglichen Schutzpflichten verstoßen. Diese gelten auch gegenüber den Eigentümern des Nachbargrundstückes, weil der Werkvertrag mit den Bauherren eine Schutzwirkung zugunsten Dritter entfalte. Die Vibrationsarbeiten so dicht am Nachbarhaus durchzuführen, verstoße gegen die anerkannten Regeln der Technik. Eine Beweiserhebung habe gezeigt, dass sich die Risse am Gebäude deutlich nach den Arbeiten vergrößert hätten. Dies führe dazu, dass bei dem Jahrhundertwendehaus kein Witterungsschutz mehr nach außen bestehe. Der Tiefbauunternehmer müsse den durch ihn verursachten Schaden ersetzen, so das Gericht.
Wann kann der Nachbar für Schäden durch Bauarbeiten in Haftung genommen werden?
Ein Bauunternehmer haftet nur dann, wenn er seine Bauarbeiten nicht nach den anerkannten Regeln der Technik durchführt und deshalb ein Schaden am Nachbargebäude entsteht. Ein Nachbar kann bei Schäden durch Bauarbeiten auf seinem Grundstück aber auch dann zur Zahlung von Schadensersatz herangezogen werden, wenn ihn kein Verschulden an der Schadensursache trifft. Dies folgt aus dem gesetzlich geregelten verschuldensunabhängigen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch, etwa bei Erschütterungen.
Was gilt bei Vorschäden am Gebäude?
Liegen am Nachbargebäude bereits Vorschäden vor, führt dies nicht dazu, dass der Hauseigentümer auf dem neuen Schaden sitzen bleibt. In der Regel wird der Vorschaden bei der Berechnung des Schadensersatzanspruch wertmäßig berücksichtigt. So hat das Kammergericht Berlin (Az. 12 U 5246/95) bei einem Gebäude mit Kriegsschäden den Schadensersatzanspruch des Hauseigentümers wegen Vorschäden um 15 Prozent gemindert.
erstmals veröffentlicht am 08.11.2017, letzte Aktualisierung am 23.06.2023
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