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Kategorie: Anwalt Internetrecht ,
17.05.2010 (Lesedauer ca. 3 Minuten, 1651 mal gelesen)
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BGH begrenzt Abmahnkosten bei WLAN auf €100,000

BGH begrenzt Abmahnkosten bei WLAN auf €100,00: Entscheidung „Sommer unseres Lebens“ Mit Urteil vom 12.05.2010, Aktenzeichen I ZR 121/08, hat der BGH zu einer mit Spannung erwarteten Frage Stellung genommen. Es geht um die Verantwortlichkeit für Betreiber eines WLAN bei einem Urheberrechtsverstoß.

Tausende Abmahnungen werden jedes Jahr von der Abmahnmafia verschickt und in sehr vielen dieser Fälle hatte der Empfänger der Abmahnung selbst kein Filesharing betrieben, sondern lediglich ein WLAN genutzt, von dem aus Dritte urheberrechtlich geschützte Werke heruntergeladen haben. Die meisten Gerichte sahen bisher auch in diesen Fällen eine volle Verantwortlichkeit des Anschlussinhabers: Der Internetzugang sei quasi einem gefährlichen Werkzeug gleichzusetzen. Wer einen Internetanschluss mit WLAN betreibe, müsse daher alle erdenklichen Sicherungsmaßnahmen unternehmen, um einer Haftung zu entgehen. Dazu gehöre auch die Verwendung neuester und natürlich sehr teurer Verschlüsselungstechnik.

Eine zu begrüßende Ausnahme von dieser Rechtsprechung war bislang das OLG Frankfurt. Dieses hatte mit Urteil vom 01.07.2008, Aktenzeichen 11 U 52/07, eine Haftung des Anschlussinhabers verneint (ebenso Entscheidung vom 20.12.2007. Aktenzeichen 11 W 58/07 bei Urheberrechtsverstoß durch volljährige Haushaltsangehörige).

Gegen dieses Urteil hatte der Abmahnanwalt Revision eingelegt. Der BGH hat nun in einem Grundsatzurteil für derartige Fälle entschieden, dass zwar ein Unterlassungsanspruch nach wie vor besteht. Dies ist nach meiner Auffassung zu bedauern, da ein willentlicher Beitrag zur Begehung des Urheberrechtsverstoßes hier gerade fehlt und alleine das Betreiben eines Internetanschlusses ausreicht, um einen Unterlassungsanspruch zu begründen. Allerdings ist dies nicht schlimm, da die Abgabe einer Unterlassungserklärung – sofern nicht die vorgefertigte strafbewehrte Unterlassungserklärung der Abmahnkanzlei unterschrieben, sondern eine von einem versierten Urheberrechtsanwalt erstellte Unterlassungserklärung verwendet wird – in den meisten Fällen keine nachteiligen Folgen hat.
Interessanter sind jedoch die folgenden Ausführungen des BGH. Die Abmahner, denen es meistens nur um die schnelle Eintreibung eines möglichst hohen Geldbetrages geht, wurden hier vom BGH grundlegend in die Schranken gewiesen:
Wenn ein Urheberrechtsverstoß über ein WLAN begangen wird, haftet der Betreiber des Internetanschlusses für die Abmahnkosten nur in Höhe von 100,00 Euro. Der BGH begründet dies mit der Vorschrift des § 97 II UrhG. Dieser Paragraph war eingeführt worden, damit nicht weiterhin mit Kanonen auf Spatzen geschossen wird. In einfach gelagerten Fällen mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs können bei einer ersten Abmahnung nur 100,00 Anwaltskosten gefordert werden. Wie nicht anders zu erwarten war, sahen die Abmahner diese Vorschrift nicht für einschlägig. Dem hat der BGH nunmehr eindeutig einen Riegel vorgeschoben.

Das OLG Frankfurt hatte hier zwar in der Vorinstanz überhaupt keine Pflicht zur Erstattung von Abmahnkosten gesehen, stand mit dieser Position allerdings ziemlich alleine. Wenn der BGH nun den Ersatz von Anwaltskosten in Höhe von 100,00 Euro für begründet ansieht, ist dies dennoch zu begrüßen, da der Abmahner sich den Gerichtsstand bundesweit frei aussuchen kann und somit bisher nach seiner Wahl bei den Gerichten seine Anwaltskosten geltend machen konnte, die ihm mehrere Hundert oder oftmals über 1.000,00 Euro zugesprochen haben. Diese Möglichkeit ist den Abmahnanwälten nach dem Urteil nicht mehr eröffnet.
Mit einer Abmahnung wird außer den Anwaltskoten auch Schadensersatz für die Möglichkeit des Downloads durch eine unbegrenzte Anzahl anderer Internetnutzer gefordert. Begründet wird dies mit der sogenannten Lizenzanalogie. Meistens werden hier einige Hundert Euro gefordert. Hier hat der BGH jetzt klargestellt, dass eine Verpflichtung zum Schadensersatz nur bei schuldhaftem Verhalten, also Vorsatz oder Fahrlässigkeit in Frage kommt.

Mit anderen Worten: wer selbst einen Urheberrechtsverstoß begeht, kann nach wie vor auf Schadensersatz haften. Wer allerdings bloß ein WLAN betreibt, hat grundsätzlich keinen Schadensersatz zu leisten.
Durch dieses Urteil hat die Abmahnindustrie somit einen herben Dämpfer erhalten. Aufgrund der bisher unsicheren Rechtslage zu der Höhe der Anwaltskosten und zum Schadensersatz wird bei so gut wie jeder Abmahnung am Ende ein sog. Vergleichsangebot gemacht: Bei Zahlung eines Pauschalbetrages von einigen Hundert Euro wird auf die Geltendmachung höherer Kosten verzichtet.
Auf solche Angebote einzugehen war schon bisher nur bedingt anzuraten. Nach dem Urteil muss im Bereich der WLAN-Abmahnung deutlich davon abgeraten werden. Es wird wohl darauf hinauslaufen, dass anstelle eines deutlich höheren Betrages nur noch maximal 100,00 an den Abmahner gezahlt werden müssen.
Nach wie vor ist außerdem dringend davon abzuraten, die vorgefertigte Unterlassungserklärung zu unterzeichnen. Diese bietet meistens ziemlich erhebliche Fallstricke. Wegen der Unterlassungserklärung und der Beratung in Bezug auf die neue Rechtslage sollten Sie sich unbedingt von einem im Urheberrecht und Filesharing spezialisierten Rechtsanwalt beraten lassen.
Hierfür steht Ihnen unsere Kanzlei jederzeit gerne zur Verfügung.

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