Behandlungsfehler beim Pferd: Wofür haftet der Tierarzt?
Kränkelt das eigene Pferd, fängt an zu lahmen, erleidet Koliken oder Augenentzündungen sollte der Rat eines Tierarztes gesucht werden. Leider führt nicht jede tierärztliche Behandlung zum gewünschten Heilungserfolg. Für den Pferdehalter stellt sich dann schnell die Frage, ob dem Tierarzt ein Behandlungsfehler unterlaufen ist, für den er Schadensersatz verlangen kann?
- Kein Behandlungserfolg beim Pferd – haftet der Tierarzt?
- Für welche Behandlungsfehler beim Pferd haftet der Tierarzt?
- Wer muss den Behandlungsfehler beim Pferd beweisen?
- Ist der Tierarzt verpflichtet den Pferdehalter über die Untersuchung und Behandlung des Pferdes aufzuklären?
- Haftet der Tierarzt bei einer fehlerhaften Ankaufsuntersuchung?
Kein Behandlungserfolg beim Pferd – haftet der Tierarzt?
Zwischen dem Pferdehalter und dem Tierarzt wird in der Regel ein sog. Dienstleistungsvertrag geschlossen. Dass bedeutet, der Tierarzt muss das Pferd sorgfältig und gewissenhaft untersuchen und nach den Regeln der ärztlichen Kunst behandeln, er schuldet aber grundsätzlich keinen Behandlungserfolg!
Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn der Behandlungserfolg ausdrücklich zwischen Tierarzt und Pferdehalter vereinbart wurde, wie etwa bei einer Kastration. So haftet der Tierarzt auf Schadensersatz, wenn er eine fehlerhafte Kastration bei einem Pferd durchgeführt hat, entschied das Amtsgericht Ansbach (Az. 3 C 78/15). Er haftet auch, wenn er den Pferdehalter nicht über mögliche Kastrationsmethoden aufgeklärt hat und das Pferd nach der Kastration verstirbt, so das Oberlandesgericht Hamm (Az. 3 U 28/16).
Für welche Behandlungsfehler beim Pferd haftet der Tierarzt?
Ein Tierarzt haftet für Behandlungsfehler, wenn er seine tierärztlichen Pflichten verletzt hat, wenn er also die Untersuchung oder Behandlung am Pferd nicht sorgfältig und nach den Regeln der ärztlichen Kunst vornimmt und dieser Behandlungsfehler ursächlich für den entstandenen Schaden beim Pferdehalter ist. Damit haftet der Tierarzt nicht für jeden Behandlungsfehler, sondern nur dann, wenn der Schaden verhindert hätte werden können, wenn der Tierarzt pflichtgemäß behandelt hätte.
So muss ein Tierarzt, der eine Fissur bei einem Pferd übersah und es dadurch beim Reiten zu einer Fraktur am Bein des Pferdes kam, für die fehlerhafte Behandlung Schadensersatz an die Pferdehalterin zahlen, entschied das Oberlandesgericht Osnabrück (Az. 14 U 100/14). Das Pferd überstand zwar die Operation der Fraktur, wurde aber noch am gleichen Tag getötet.
Ein Tierarzt der einen Dressurhengst einer nachweislich nicht notwendigen Operation unterzog, muss dessen Eigentümer Schadensersatz von 60.000 Euro zahlen, weil das Tier nach der Operation dauerhaft lahmte. Das entschied das Oberlandesgericht Hamm (Az. 26 U 3/11).
Wer muss den Behandlungsfehler beim Pferd beweisen?
Der Halter des Pferdes muss beweisen, dass es aufgrund eines Behandlungsfehlers des Tierarztes zu einem Schaden beim Pferd gekommen ist. Nur bei groben Behandlungsfehlern kehrt sich die Beweislast um und der Tierarzt muss beweisen, dass sein Behandlungsfehler nicht zu einem Schaden beim Pferd geführt hat, so der Bundesgerichtshof (Az. VI 247/15).
Ist der Tierarzt verpflichtet den Pferdehalter über die Untersuchung und Behandlung des Pferdes aufzuklären?
Der Tierarzt ist verpflichtet den Pferdehalter über die Behandlung, Behandlungsalternativen, Risiken und Erfolgsaussichten umfassend aufzuklären. Unterlässt er diese Aufklärung, macht er sich ggfs. schadensersatzpflichtig. Das Oberlandesgericht Hamm (Az. 26 U 95/14) stellt in einem Urteil klar, dass ein Tierarzt bei einer risikoreichen Behandlung eines Pferdes immer eine Aufklärungspflicht über die Risiken gegenüber dem Pferdehalter hat.
Er ist beispielsweise bei einer Kastration eines Pferdes verpflichtet, den Pferdehalter auf verschiedene Kastrationsmöglichkeiten hinzuweisen, so ebenfalls das Oberlandesgericht Hamm (Az. 3 U 28/16).
Haftet der Tierarzt bei einer fehlerhaften Ankaufsuntersuchung?
Beim Verkauf eines Pferdes wird vom Tierarzt im Auftrag des Pferdehalters in der Regel eine sog. Ankaufsuntersuchung durchgeführt, die Auskunft über die Gesundheit des Pferdes geben soll. Übersieht der Tierarzt eine Krankheit oder eine nicht vertragsgemäße Beschaffenheit des Tieres, kann er dafür haftbar gemacht werden. Das entschied das Oberlandesgericht Hamm (Az. 21 U 143/12) im Fall einer Ankaufsuntersuchung, bei der der Tierarzt nicht vermerkte, dass das Pferd noch ein vollständiges Milchgebiss hatte und deshalb - entgegen den Angaben im Pferdepass und Kaufvertrag - noch keine vier Jahre alt sein konnte.
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